Am Neckartor haben Verwaltungsrichter keine Geduld mehr:
Richter u. Umwelthilfe einig:25.000
€ Zwangsgeld für Kretschmann?
Vollstreckung wegen Nichterfüllung des Urteils vom 26.07:
"Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart erfolgreich"

Das Verwaltungsgericht Stuttgart Schellingstr. am Neckartor.   

Aalen/Stuttgart. Fragt sich nur wenn auch der Umweltver-schmutzung auf der Ostalb der Kampf genauso hart angesagt wird: Die 13. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart hat im Voll-streckungsverfahren 13 K 3813/18 dem Land Baden-Württemberg eine Frist bis zum 31.08.2018 gesetzt, um seiner Verpflichtung der im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26.07.2017 auferlegten und im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.02.2018 konkretisierten Verpflichtung zur 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes für den Regierungsbezirk Stuttgart/ Teilplan Landeshauptstadt Stuttgart nachzukommen und für den Fall, dass das Land dieser Verpflichtung nicht fristgerecht nachkommt, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 EUR angedroht. Dem Vollstreck-ungsantrag war zu entsprechen, weil das Land dieser Verpflichtung zu Unrecht nicht nachkommt. 

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in der Kritik des Verwaltungsgerichtes Stuttgart und DUH.  AIZ-Foto: Landesregierung
Die 13. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart hatte mit Urteil vom 26.07.2017 der Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen das Land Baden-Württemberg stattgegeben (Az.: 13 K 5412/15; vgl. Pressemitteilungen vom 22.05.2017 und 28.07.2017) und das Land verurteilt, in die nächste Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart die zur schnellstmö-glichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte für NO2 in der Umweltzone Stuttgart erforderlichen Verkehrsverbote aufzunehmen.

Die hiergegen eingelegte Sprungrevision des Landes blieb mit Ausnahme von verschiedenen Maßgaben zur Verhältnismäßigkeit der festzusetzenden Verkehrsverbote ohne Erfolg (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.2018 - 7 C 30.17-). Daraufhin hat die Deutsche Umwelthilfe als Vollstreckungsgläubiger am 26.03.2018 das vorliegende Vollstreck-ungsverfahren eingeleitet.  Mit Beschluss vom 26.07.2018 haben die drei Berufsrichter der 13. Kammer dem Vollstreckungsantrag stattgegeben, weil bereits jetzt feststeht, dass das Land Baden-Württemberg seiner im Urteil des Verwaltungsge-richts Stuttgart vom 26.07.2017 auferlegten Verpflichtung zur Festsetzung eines ganzjährigen zonalen Verkehrsverbotes im Rahmen der nun beabsichtigten 3. Fortschreibung des Luftreinhalte-planes für den Regierungsbezirk Stuttgart/Teilplan Landeshauptstadt Stuttgart, die vom Bundesverwaltungsgericht durch Urteil vom 27.02.2018 lediglich in Bezug auf die Ausgestaltung des festzusetzenden Verkehrsverbotes inhaltlich beschränkt wurde, zu Unrecht nicht in vollem Umfang nicht nachkommt, weil der für Mitte/Ende August 2018 angekündigte Planentwurf zur 3. Fortsch-reibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart kein Verkehrsverbot für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Schadstoffklasse Euro 5/V enthalten wird.

Grotesk: An der Dreckschleuder Neckartor verleiht die Bundesbahn für saubere Luft Fahrräder.                   AIZ-Fotos: Dieter Geissbauer
Das Land ist auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts nicht befugt, die Erfüllung dieses Teils seiner Verpflichtung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat aus Gründen der Verhältnismäßigkeit lediglich eine gestufte Einführung des zonalen Verkehrsverbotes durch Einräumung unterschiedlicher „Übergangsfristen“ (Euro 3 und 4: keine; Euro 5: nicht vor dem 01.09.2019) für rechtlich geboten erachtet und dies mit den unterschiedlichen Nutz-ungszeiträumen bei (älteren) Diesel-Kraftfahrzeugen der Abgasnormen 3 bzw. 4 einerseits und bei (neueren) Diesel-Kraftfahrzeugen der Abgasnorm 5 andererseits begründet. Diese einschränkenden Vorgaben beziehen sich nach ihrem klaren Wortlaut ausdrücklich auf die „nähere Ausgestaltung des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots“ und damit ausschließlich auf den im Rahmen der Festsetzung der Maßnahme festzulegenden Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verkehrsverbotes.

Allein dieser Zeitpunkt muss aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nach dem 01.09.2019 liegen. Aus diesen Vorgaben zur Ausgestaltung des Verkehrsverbotes kann das Land Baden-Württemberg folglich keine Befugnis ableiten, die Festsetzung des Verkehrsverbotes für Diesel-Kraftfahrzeuge der Abgasnorm 5 als solche auf einen - noch dazu völlig unbestimmten - späteren Zeitpunkt zu verschieben.  Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim gegeben, die innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der vollständigen Entscheidungsgründe, die noch nicht vorliegen, einzulegen ist. Soweit wörtlich die heutige Pressemeldung des Verwaltungsgerichtes Stuttgart. 

Am Neckartor wird weiter gefahren was das Zeug hält trotz Urteile.  
Die Deutsche Umwelthilfe (Kläger) teilt zur Verwaltungsgerichts-Pressemeldung von heute der AIZ soeben mit: "Verwaltungsgeri-cht Stuttgart entspricht Vollstreckungsantrag der Deutschen Umwelthilfe und droht der Landesregierung Zwangsgeld wegen dreckiger Luft in Stuttgart an

DUH-Chef J.Resch kämpft weiter für uns alle für eine saubere Luft.   
Das Land Baden-Württemberg verstößt gegen das höchstrichterliche Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 27. Februar 2018 – In einer ersten Stufe des eingeleiteten Vollstreckun-gsverfahrens wurde die Landesregierung unter Zwangsgeldandrohung in Höhe von 10.000 Euro dazu verurteilt, Euro 5-Fahrverbote bis zum 31. August 2018 in den Luftreinhalteplan aufzunehmen – DUH spricht von „schallender Ohrfeige“ für Ministerpräsident Kretschmann und die grün-schwarze Landesregierung Stuttgart/Berlin, 27.7.2018: Das Verwaltungsge-richt Stuttgart hat heute dem Antrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) auf Zwangsvollstreckung in vollem Umfang entsprochen und die Landesregierung dazu verurteilt, unter gleichzeitiger Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000 Euro bis zum 31. August 2018Dieselfahrverbote für Euro 5 Diesel-Pkw und Nutzfahrzeuge in den Luftreinhalteplan aufzunehmen.   In einer nichtöffentlichen Verhandlung am 28. Juni 2018 hatte das Gericht das Land bereits aufgefordert, den angekündigten Planent-wurf entsprechend der höchstrichterlichen Entscheidung des Bund-esverwaltungsgerich-ts Leipzig (BVerwG) vom 27.02.2018 erheblich zu verschärfen.

Das in der vergan-genen Woche bek-annt gewordene Maß-nahmenpaket zur Luft-reinhaltung Stuttga-rt ist unzureichend, enthält zu viele gene-relle Ausnahmen und leidet vor allem unter einem Verzicht auf Fahrverbote für die Euro 5-Fahrzeuge als schmutzigste Gruppe aller bislang in Deut-schland zugelassenen Diesel-Fahrzeuge. „Unser heutiger Erfolg für die „Saubere Luft“ in der schmutzigsten Metropole Deutschlands ist gleichzeitig eine schallende Ohrfeige für die grün-schwarze Landesregierung unter Führung von Minister-präsident Kretschmann. Nach dem laufenden Vollstreckungsver-fahren gegen den Freistaat Bayern müssen wir Recht und Gesetz auch in Baden-Württemberg mit dem Instrument der gerichtlichen Zwangsvollstreckung durchsetzen. AIZ-Fotos: Deutsche Umwelthilfe

Wir werden nicht akzeptieren, dass die Landesregierung weiter einseitig die Politik betrügerischer Dieselkonzerne betreibt und Krankheit und vorzeitigen Tod der Bürger in Stuttgart und anderen hochbelasteten Städten Baden-Württembergs billigend in Kauf nimmt. Die in der vergangenen Woche vorgestellten Maßnahmen sind bei weitem nicht ausreichend, um die EU-weit geltenden Grenzwerte für das Dieselabgasgift Stickstoffdioxid kurzfristig einzuhalten“, sagt Jürgen Resch, Bundes-geschäftsführer der DUH.  

Die DUH hatte im Frühjahr dieses Jahres den Antrag auf Zwangs-vollstreckung des Urteils vom 19. Juli 2017 zu Diesel-Fahrverboten in der Landeshauptstadt (AZ:13 K 3813/18) gestellt, weil die Landesregierung offensichtlich beabsichtigte, keinen wirksamen Luftreinhalteplan vorlegen zu wollen. Diese Annahme hat sich mit der Erklärung von Ministerpräsident Kretschmann in der vergangenen Woche leider bestätigt. „Die Verzögerungstaktik der Landesregierung ist ein Affront für den Rechtsstaat. Derart reduzierte Fahrverbote genügen nicht, um dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu entsprechen. Sollte das Land nicht bis zum 31. August handeln, werden wir sofort die Festsetzung des Zwangsgeldes und die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes bean-tragen. Ist auch dies nicht wirksam, kommen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Zwangsmittel des Zivilprozessrechts zur Anwendung. Sie sehen Zwangsgelder bis 25.000 Euro oder Zwangshaft gegen den für die Entscheidung zur Nichtumsetzung des Urteils verantwortlichen Vertreter des Landes Baden-Württemberg vor", so Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Verfahren vertritt.

Kritik äußerte die DUH auch an der einseitigen Parteinahme der Landesr-egierung für die Dieselkonzerne und gegen die zehntausenden unter dem Dieselabgasgift NO2 leidenden Menschen. Gespräche mit der DUH als Verbraucheranwalt der Stuttgarter Bürger sind unerwünscht, Terminan-fragen bleiben unbeantwortet oder es wird mitgeteilt, dass keine Zeit bzw. kein Interesse besteht. Dies ist umso bemerkenswerter, als sich die Rechtsauffassung der DUH höchstrichterlich bestätigt hat. Stattdessen findet eine intensive Abstimmung der Position der Landesregierung mit den Autokonzernen statt. Ein entsprechender Auskunftsantrag der DUH vom 29. Juni 2018 über alle stattgefundenen Gespräche und Email-/Schriftwechsel mit der Industrie zu Dieselfahrverboten wurde heute am letzten Tag der 4-Wochenfrist dergestalt beschieden, dass vor einer Auskunft an die DUH die Landesregierung prüfen müsse, ob "schutzwürdige Kontakte Dritter" – wohl der Dieselkonzerne – betroffen sind. Für diesen Fall müsse die Regierung prüfen, ob "in einem zweiten Schritt den entgegenstehenden schutzwürdigen Interessen durch Einwilligung der Betroffenen abgeholfen werden kann".

Ugo Taddei, Jurist der europäischen Organisation ClientEarth, sagt: "Es ist keine Überraschung, dass das Gericht erneut gezwungen ist, einzugreifen, um das Recht der Menschen auf saubere Luft zu schützen. Gerichtliche Anordnungen haben die Einführung umfassender und effektiver Verkehrsbeschränkungen in Stuttgart gefordert. Dies ist die letzte Chance der baden-württembergischen Behörden, ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen oder eine Geldstrafe zu zahlen. Halbherzige Lösungen, die die Gesundheit der Menschen nicht wirksam schützen, werden nicht toleriert." Hintergrund: Das BVerwG hat am 27. Februar 2018 entschieden, dass zonen- und strecken-bezogene Diesel-Fahrverbote zulässig sind, um die Luftsch-adstoffwerte für Stickstoffdioxid (NO2) einzuhalten. Ebenso hat es festgestellt, dass nach den tatsächlichen Feststellungen des verwaltungsgerichtlichen Urteils in Stuttgart keine andere Maßnahme zur Hand ist, mit der der Grenzwert ebenso schnell eingehalten werden kann wie mit den zulässigen Fahrverboten.

Die DUH hatte am 17. November 2015 Klage beim Verwaltungsg-ericht Stuttgart eingereicht. Am 19. Juli 2017 hat das VG Stuttgart der Klage der DUH stattgegeben und den vorliegenden Entwurf des Luftreinhalteplans für unwirksam erklärt. Weil dieses Urteil, obwohl es nach der Entscheidung des BVerwG nunmehr rechtskräftig ist, immer noch nicht umgesetzt wurde, hatte die DUH am 26. März 2018 den Antrag auf Zwangsvollstreckung gegen das Land Baden-Württemberg gestellt.

Infos:
http://l.duh.de/65wr4
Hintergrundpapier „Klagen für Saubere Luft“: 
http://l.duh.de/fsl
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http://www.aaleninfo.de/polize17/041017.htm
http://www.aaleninfo.de/AUG17/18/fahrverbote.htm