Nachlese zu Trauerspiel auch im Ostalbkreis zum Ausscheiden
„Best Never Rest“: Blick auf
ko-
mmunikative DFB-Geschehnisse
Lächel-Selfie-Skandal': Die Rolle der Journalisten im Mann-schaftslager:
Der "Skandal um Mesut Özil
u. Ilkay Gündogan"
Von Nikolaus Fink (SHR-Fernhochschule)
Klare Fachmeinung: Nicolas Fink, Experte
für Markenmanagement und Öffentlichkeits-arbeit im Sport an der SRH
Fernhochschule – The Mobile University und Geschäftsführer des BASF
Tennisclub e.V..
AIZ-Foto: SRH Fernhochschule
Aalen/Riedlingen.
Die Fußball-WM ist allgegenwärtig.
Nachdem „Die Mannschaft“ nicht den Sprung von der Gruppenphase in die
KO-Runde schaffte, begann die Fehlersuche, um das frühe Ausscheiden zu
erklären. Nicolas Fink, Experte für Markenmanagement und
Öffentlichkeitsarbeit im Sport an der SRH Fernhochschule – The Mobile
University und Geschäftsführer des BASF Tennisclub e.V. gibt einen
Rückblick auf das Projekt WM-Verteidigung: "Die schlechte Wahl des Slogans
„Best Never Rest“, Spieler die es endlich wieder auf den Punkt bringen,
vermeintliche Tabubrüche, der 'Lächel-Selfie-Skandal', die
fehlinterpretierte Rolle der Journalisten im Mannschaftslager,
Bundestrainer 'raus - oder rein?', der Özil/Gündogan-Skandal und die
Kommunikation rund um die Kader-Nominierung, sind nur ein Auszug der
Geschehnisse in den vergangenen Wochen"
Skandal um
Özil der von Erdogan zur Werbung missbraucht wurde.
Bereits seit Jahren beschweren sich Trainer, Manager und Spieler
in der Öffentlichkeit über die hohen Belastungen im Fußball, die sich
nicht nur physisch, sondern auch in Fällen psychisch äußern. Der Druck auf
einzelne Spieler ist immens, wodurch viele das Gefühl haben zu wenig zu
trainieren. Mario Götze beispielsweise schilderte dies in seiner
Dokumentation in Verbindung mit seiner Stoffwechselkrankheit. „Der hohe
Erwartungsdruck der Öffentlichkeit war eine enorme Belastung für die
Spieler. Der von dem Sponsor Mercedes Benz kreierte Slogan „Best Never
Rest“ steigerte diese Erwartungshaltung noch“, weiß Medienexperte Fink.
„So ein Slogan funktioniert natürlich gut für eine Autowerbung und eine
Firma, aber für Sportler, die an ihrer Leistung gemessen werden und nicht
diese nicht durchgehend abrufen können, ist es eine Belastung. Die
übermäßige Darstellung des Slogans in allen Posts aus den
Trainingseinheiten und in der Werbung stärkten den Effekt, da in der
Öffentlichkeit eine hohe Erwartungshaltung kreiert wurde. Nach einigen
Anfragen ruderte Mercedes Benz sogar zurück und erklärte, dass „never rest“
nicht heißt, dass ein Sportler nicht auch Pausen benötigt und einlegen
soll.“ Dies verdeutlich wiederum die Möglichkeiten der Fehlinterpretation.
Doch nicht nur der Werbe-Slogan bewegte die Öffentlichkeit, sondern auch
das Verhalten der Spieler während der Weltmeisterschaft sorgte für
Diskussion und Unruhe. Eine Medienanstalt griff das Thema Fanselfie mit
Julian Brand intensiv auf. So hatten die Kam-eras in der WM Arena eine
Szene aufgeschnappt, in welcher Julian Brandt ein Selfie mit Fans macht
und dabei in die Kamera lächelt. Dies wurde zu einem Skandal aufgebauscht,
da die Mannschaft unmittelbar zuvor gegen Mexiko verloren hatte und ein
Lächeln nicht angemessen wäre. „Solche Aufreger lenken die Profispieler
meistens nur unnötig von ihrer eigentlichen Aufgabe ab. Es ist ein
Teufelskreis: Die Fans wollen auf der einen Seite Ihre Idole zum Anfassen
haben und nehmen hierzu Reisen bis nach Russland auf sich, andererseits
wird es den Fußballern dann wieder negativ ausgelegt. Es gibt viele
Beispiele, die zeigen wie diese Gradwanderung funktionieren kann“, so
Finks Einschätzung. Im Fall von Julian Brand wurde das Verhalten in den
Sozialen Medien nicht als Fehltritt oder als unangemessen gewertet. „Es
handelt sich um ein Bild mit Fans, die wohl extra aus Deutschland
angereist sind, um die Mannschaft zu unterstützen. In diesem Fall wäre die
Verweigerung eines Fotos von Julian Brandt wohl eher als ein emotionsloses
und gering schätzendes Verhalten den Fans gegenüber eingestuft worden.“
Ein weiterer Aspekt war die Kritik der Spieler an der Manns-chaftsleistung.
„Experten sprachen von einem „Tabubruch“, als Spieler öffentlich die
Leistungen der Mannschaft kritisch hinterfragten und damit Probleme
offenbarten“, so Fink. „Dagegen hat die Öffentlichkeit sehr positiv und
verständnisvoll reagiert, da die Spieler verdeutlichen, dass es Ihnen
ernst mit der WM, den Leistungen und den einzelnen Spielen ist.
Standardphrasen, wie „müssen wir besser machen“ oder auch, dass „die
Defensive stabilisiert werden muss“ wären einfach nicht passend gewesen.
Diese Aussagen hätten dazu geführt, dass man der Mannschaft Ratlosigkeit,
Uneinsichtigkeit und fehlende Führung vorwirft. Die Offenheit und Kritik
der Spieler ist, solange sie objektiv und sachlich ist, in der
Öffentlichkeit gerne gesehen und entspricht nicht einem Tabubruch. Der
Schuss ging deshalb für ein paar Experten nach hinten los, denn diese
wurden kritisiert, dass es sich nicht um einen Tabubruch handelt“,
analysiert Fink: „Es lassen sich wieder emotionsgeladene Spieler erkennen,
die für den Sport, ihr Land oder ihren Club „brennen“ und Erfolge feiern
wollen. Der Fußball ist reif für Charaktere, wir müssen ihnen aber auch
den Platz dazu lassen.“
Neben der eigenen kritischen Betrachtung äußerten sich die Spieler jedoch
auch kritisch über die Berichterstattung der Medien. Durchgehend tummelten
sich Vertreter der unterschiedlichen Presse- und Medienanstalten bei der
Mannschaft im WM-Lager. Diese stellten das Bindeglied zwischen Heimatland,
Fans und der Mannschaft dar. Aus diesem Grund verbrachten die Reporter
deutlich mehr Zeit mit den Spielern im Gegensatz zu den Bundesligazeiten.
„Die Aufgabe der Journalisten ist es, je nach Medienanstalt,
sport-fachlich bzw. sachlich-kritisch zu berichten. Dieser Aufgabe müssen
die Reporter vor Ort nachkommen, es bedeutet jedoch nicht im
Umkehrschluss, dass die Bevölkerung nicht weiterhin die Mann-schaft
unterstützt und anfeuert, nur weil die Fragen der Reporter in den
vergangenen Tagen deutlich kritischer ausgefallen sind“, weiß Fink. Da die
deutsche Fußballnationalmannschaft in den letzten Jahren bei Turnieren
sehr gute Leistungen zeigte – bei sechs Turnieren in Folge wurde immer
mindestens das Halbfinale erreicht – fiel die Berichterstattung durchweg
positiver aus. „Bei sportlichen Talfahrten müssen Reporter ihrem Auftrag
der sachlichen Berichters-tattung nachgehen, dies müssen die Sportler
verstehen und nicht darauf schließen, dass alle Fans gegen sie sind“, so
Fink weiter.
Neben den Spielern steht jedoch auch der Bundestrainer sehr stark im Fokus
der medialen Berichterstattung. Der Vertrag des Bundestrainers wurde vor
der WM bis 2022 verlängert. Diese lang-fristige Entscheidung wurde
aufgrund des Erfolges, aber auch der zukunftsfähigen Zusammenarbeit
getroffen. „Nach dem WM-Aus muss in der Tat vieles hinterfragt werden,
doch dieses sollte im Team des DFB analysiert und ausgewertet werden. Aus
meiner Sicht wäre es sinnvoll gewesen, das exklusiv Interview, im
Anschl-uss an das Spiel, mit Joachim Löw abzusagen. In diesem Fall hätte
man sich Zeit nehmen können, um mit der Analyse zu beginnen und das
Ausscheiden der Mannschaft in der Kommunikation auf viele Probleme
zurückzuführen, ohne dass ein einzelner Sündenbock gesucht wird.
Joachim Löw hätte sich durchaus am Folgetag mit einem von ihm verfassten
Statement an die Medien und Öffentlichkeit wenden kö-nen. Das Interview
ergab jedoch die unmittelbare Frage ob er weiter-hin Trainer bleiben wird
bzw. ob er der richtige für den Umbruch der Mannschaft ist“, findet Fink:
„In diesem Zusammenhang stand auch die Nominierung des WM-Kaders. Die
Autorität liegt beim Bundes-trainer, dennoch führte er eine Argumentation
über die Nominierung einzelner Spieler die nicht nachvollziehbar gewesen
ist: Es wird nach sportlicher Leistung ausgewählt, dennoch fallen
sportlich starke Spieler aus dem Kader heraus und Spieler ohne Spielpraxis
werden nominiert.“ Interessant sind hier auch die Reaktionen und das
unterschiedliche Verhalten der Nichtnominierten Sandor Wagner und Mario
Götze.
Weitere Aspekte welche die öffentliche Sicht auf die Nationalmann-schaft
beeinflusst haben, waren unter anderem der Skandal um die Spieler Mesut
Özil und Ilkay Gündogan: „Dieser öffentliche Druck auf Mesut Özil und
Ilkay Gündogan geht an den beiden nicht spurlos vorbei, dies konnten wir
bei den WM-Spielen feststellen. Die Them-atik wird sogar dadurch noch
kritischer, dass Mannschafts-kameraden auch ihre eigene und nicht
unbedingt positive oder eine verteidigende Meinung gegenüber der Situation
haben. Diese Stimmung wirkt sich auf im Team aus“, schildert Fink: „Hinzu
kommt, dass sich nun der Teammanager des DFB zu Wort gemeldet hat, wodurch
wieder Unruhe in das Thema kommt und sogar eine Kritik am Bundestrainer
geübt wird, da er anmerkt, dass man sportlich auf Özil hätte verzichten
sollen“.
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