Licht ins Dunkel der
Heilpraktiker gebracht und noch mehr:
Expertengruppe schlägt umfassende Reform
des Heilpraktikerberufes auch für Ostalb vor
17-köpfige Expertengruppe ("Münsteraner
Kreis") erarbeitete
Vorschläge wie Heilpraktikerwesen im OAK abgeschafft wird
Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert die die Unitiative für das heute
verabschiedete Memorandum der Expertengruppe einleitete und damit
Heilpraktiker aber auch die Patienten zielisicher und wirkungsvoll vor
Scharlatanen schützt. AIZ-Foto:
WWU
- Obermeier
Aalen.
Der "Münsteraner Kreis" veröffentlichte
ein Memorandum: "Abschaffung des Berufs oder Zusatzqualifikation",
Professorin für Medizinethik der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU),
hat eine 17-köpfige Expertengruppe ("Münsteraner Kreis") Vorschläge
erarbeite, wie das Heilpraktikerwesen zum Nutzen der Patienten reformiert
werden sollte. Der Appell der Experten richtet sich gegen die ihrer
Einschätzung nach "unangemessene Ausbil-dung und die meist unhaltbaren
Krankheitskonzepte" der Heilprak-tiker.
Der Münsteraner Kreis hat jetzt das "Münsteraner Memorandum Heilpraktiker"
verabschiedet und im "Deutschen Ärzteblatt" veröffent-licht. Darin werden
zwei Lösungsvorschläge skizziert:
-
1. Der Heilpraktikerberuf wird abgeschafft
-
2. Der Heilpraktikerberuf wird abgelöst durch die Einführung spezialisierter
"Fach-Heilpraktiker" als Zusatzqualifikation für bestehende
Gesundheitsfachberufe.
Zum Hintergrund: Im deutschen Gesundheitswesen existieren nach Meinung der
Expertengruppe zwei Parallelwelten - die Welt der akademischen Medizin und
die Welt der Heilpraktiker. Während die akademische Medizin auf
wissenschaftlichen Fakten beruhe und nach begründetem Fortschritt strebe,
seien Heilpraktiker in der sogenannten "Komplementären und Alternativen
Medizin (KAM)" verankert. Auch der Ausbildungsgang ist verschieden: Während
Mediziner ein langes Studium absolvieren, ist die Ausbildung zum
Heilpraktiker kurz und weitgehend unreguliert. Da Heilpraktiker gleichwohl
das Etikett "staatlich anerkannt" bekämen, könnten Patienten leicht den
Eindruck gewinnen, dass es sich bei Medizinern und Heilpraktikern um
gleichwertige Alternativen handele.
Seit vielen Jahren gibt es immer wieder teilweise intensiv geführte
Diskussionen um das Thema Komplementäre und Alternative Medi-zin. Zu den
hunderten von Verfahren wurden zahlreiche klinische Studien durchgeführt,
deren Qualität allerdings häufig sehr gering ist. Überzeugende Belege für
eine Wirksamkeit fehlen meist. Zudem widersprechen die tradierten
Krankheitskonzepte und Interventionen oft fundamentalen
naturwissenschaftlichen Erkenntnissen.
Die Autoren sind überzeugt, dass ihre Lösungsvorschläge das Vertrauen in das
deutsche Gesundheitswesen stärken und die Versorgung verbessern würden. Das
Label "staatlich anerkannt" wäre in Folge einer Reform wieder ein echtes
Qualitätsmerkmal, an dem sich Patienten orientieren könnten. Der Münsteraner
Kreis ruft Institutionen und Einzelpersonen auf, sich dem Statement
anzus-chließen. Dadurch sollten Politiker motiviert werden, das
Heilprakti-kerwesen nicht nur kosmetisch, sondern grundlegend zu reform-ieren.
"Im Lauf der Jahre ist bei meinen Mitarbeitern und mir das dringende
Bedürfnis entstanden, der Problematik von Alternativmedizin auf den Grund zu
gehen", betont Bettina Schöne-Seifert. Aus diesem Grund hatte sie im Juni
2016 ausgewiesene KAM-Experten verschiedener Fachrichtungen nach
Münster eingeladen,um über KAM und das Heilpraktikerwesen zu diskutieren. Einige Experten des
daraufhin gegründeten "Münsteraner Kreises" brachten dazu ihre eigenen
Forschungsergebnisse zu den von Heilpraktikern angebotenen Verfahren sowie
der Motivation der Patienten ein. "Wir wollten ausloten, wie ein
solidarisches Gesundheitswesen verantwortlich und fair mit dem Clash
zwischen gefährlicher Pseudowissenschaft und Selbstbestimmung umgehen
sollte", unterstreicht die Medizin-Ethikerin. "Um es deutlich zu sagen: Wir
wollten den gegenwärtigen Irrsinn nicht länger hinnehmen."
Um nicht nur medizinische, sondern auch ethische, wissenschaftst-heoretische,
psychologische und juristische Aspekte einzubez-iehen, wurde der Münsteraner
Kreis bewusst interdisziplinär aufgestellt. Die Arbeit der Gruppe wurde
nicht von Dritten finanziell unterstützt, und die Mitglieder sind frei von
Interessenkonflikten.
Die Autoren des "Münsteraner Memorandums Heilpraktiker" im Einzelnen
(*federführende Hauptautoren):
Prof. Dr. Manfred Anlauf, Mitglied der
Arzneimittelkommission der Bundesärztekammer, Bremerhaven;
Dr.-Ing. Norbert Aust, Informat-ionsnetzwerk Homöopathie, Hamburg;
Dr. Hans‐Werner Bertel-sen, Praxis für Zahnmedizin, Bremen; Juliane
Boscheinen, Medi-zinrecht (Rechtsanwältin), Saarbrücken;
Prof. Dr. Dr. Edzard Ernst, University of Exeter; Dr. Daniel
R. Friedrich*, Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der
Medizin, WWU Münster;
Dr. Natalie Grams, Informationsnetzwerk Homöopathie, Roßdorf;
Prof. Dr. Paul Hoyningen‐Huene, Zentrale Einrichtung für
Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsethik, Universität Hannover;
Prof. Dr. Jutta Hüb-ner, Stiftungsprofessorin für
Integrative Onkologie der Deutschen Krebshilfe am Universitätsklinikum Jena;
Prof. Dr. Dr. Peter Hucklenbroich, Institut für Ethik,
Geschichte und Theorie der Medizin, WWU Münster;
Prof. Dr. Dr. Heiner Raspe, ehem. Institut für
Sozialmedizin, Universität Lübeck,
jetzt Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin, WWU Münster;
Dr. Jan‐Ole Reichardt*, Institut für Ethik, Geschichte und
Theorie der Medizin, WWU Münster;
Prof. Dr. Norbert Schmacke, Versorgungsforsch-ung, Institut
für Public Health und Pflegeforschung, Univer-sität Bremen;
Prof. Dr. Bettina Schöne‐Seifert*, Lehrstuhl für Ethik der
Medizin, WWU Münster;
Prof. Dr. Oliver R. Scholz, Phi-losophisches Seminar der
WWU Münster;
Prof. Dr. Jochen Tau-pitz, Medizinrecht, Universität Mannheim;
Dr. Christian Weyma-yr*, freier Wissenschafts‐ und
Medizinjournalist, Herne.
Liste der
"Heilpraktiker" im
Ostalbkreis von Landratsamt OAK |