DUH kritisiert: Diese "Diesel-Dienstwagen
sind spritdurstig"
Gruselkabinett der BW-Dienstwag-en auch
öffentlich nun am Pranger
12. Dienstwagen-Check unter deutschen Regierungspolitikern:
„Schaufahren gegen den Klimaschutz“ hält unvermindert an
Die
teuren Autos als Spritfresser diesmal auf Schloß Solitude.
Aalen/Korntal-Weilimdorf.
Erstmals zieht die DUH die realen CO2-Emissionen zur Bewertung heran: Kein
Politiker-Dienstwagen hält den EU-Grenzwert auf der Straße ein – Die
Berliner Umweltsenatorin Regine Günther hat unter allen Umweltministern den
niedrigsten CO2-Ausstoß – Bester Regierungschef ist Carsten Sieling aus Bremen –
Negativer Spitzenreiter ist Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller
– Deutsche Umwelthilfe kritisiert den immer noch hohen Anteil an
Diesel-Dienstwagen und spritdurstigen Plug-In Hybriden – Deutsche
Umwelthilfe fordert Bundesländer auf, Plug-In-Hybride mit im Realbetrieb
über 130 g CO2/km von der geplanten Dienstwagen-Steuervergünstigung
auszuschließen – Stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz
kritisiert Dienstfahrzeugflotte als „Gruselkabinett“
Erst vor wenigen Monaten hat sich die Bundesregierung vom eigens gesteckten
Ziel verabschiedet, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent
gegenüber 1990 senken. Die im Verkehrssektor insgesamt sogar ansteigenden
CO2-Emissionen sind ein wesentlicher Grund dafür. Seit Jahren sinken die
Spritverbräuche von Neufahrzeugen nur auf dem Papier, die realen Werte
bleiben gleich oder steigen sogar an. Unbeirrt dieses umweltpolitischen
Offenbarungseids setzen sich viele deutsche Regierungspolitiker weiter in
spritschluckende Klimakiller. Dies zeigt der 12. Politiker-Dienstwagencheck
der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Unter Berücksichtigung der realen
Verbrauchswerte hält kein einziger Dienstwagen der 236 Befragten den
CO2-Grenzwert der EU von 130 g CO2/km ein. Der Anteil an Diesel-Limousinen
ist im Vergleich zum Vorjahr von 73 Prozent auf 62 Prozent nur leicht
zurückgegangen.
Die DUH fordert die Bundes- wie Landespolitiker dazu auf, sich bei der Wahl
ihrer Dienstwagen für saubere und gleichzeitig klimafreundliche Fahrzeuge zu
entscheiden. Die Diskrepanz zwischen den offiziellen CO2-Angaben der
Hersteller und dem tatsächlichen CO2-Ausstoß auf der Straße liegt
mittlerweile bei 42 Prozent. Um zu verdeutlichen, wie klimaschädlich die
Dienstwagen der Politiker tatsächlich sind, bewertet die DUH in diesem Jahr
die realen CO2-Werte der Fahrzeuge. Grundlage ist der Bericht „From
Laboratory to Road" 2017 des unabhängigen Forschungsinstituts International
Council on Clean Transportation (ICCT). Danach betragen die
durchschnittlichen Abweichungen bei den vom ICCT untersuchten Modellen von
Audi 48 Prozent, bei BMW 46 Prozent, bei Mercedes-Benz 51 Prozent und bei VW
38 Prozent.
Mit realen CO2-Emissionswerten zwischen 154 g CO2/km wie beispielsweise beim
Dienstfahrzeug der Bildungssenatorin aus Bremen,
Claudia Bogedan, bis zu erschreckenden 408 g CO2/km beim Fahrzeug von
Berlins Regierungschef Michael Müller sind die Politiker noch weit von der
EU-Vorgabe von 95 g CO2/km ab 2020 entfernt. Vor allem die unter dem
Deckmantel „Elektromotor“ staatlich geförderten pseudo-ökologischen
Plug-In-Powerlimousinen sind in Wirklichkeit besonders spritdurstig und
leisten somit keinen Beitrag zum Klimaschutz.
Im Vergleich der Bundesminister hat das Fahrzeug von Umweltministerin Svenja
Schulze mit 200 g CO2/km den besten Wert eines Fahrzeugs ohne Dieselantrieb.
Betrachtet man die Fuhrparke der Bundesministerien, reicht die Spanne von
durchschnittlich 192 g CO2/km beim Innenministerium bis zu 231 g CO2/km beim
Landwirtschaftsministerium.
„Dass der Verkehrssektor mit Vollgas eine Heißzeit beschleunigt, ist auf
das rückgratlose Verhalten der Regierungen gegenüber einer
Automobilindustrie zurückzuführen, die auf immer schwerere und stärker
motorisierte Fahrzeuge setzt und Klimapolitik als Lippenbekenntnis verhöhnt.
Diese Haltung ist dafür verantwortlich, dass Deutschland seine nationalen
Klimaschutzziele nicht erreichen wird“, sagt Barbara Metz,
Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH. „Selbst zögerliche
Vorstöße, wie der von Bundesumweltministerin Svenja Schulze, die im Juli
2018 eine 50-prozentige Senkung der CO2-Emissionen von Pkw gefordert hat,
werden vom eigenen Partei- und Regierungskollegen Olaf Scholz einkassiert“, kritisiert
Metz. Es mangele an politischem Willen, sich aus dem Würgegriff der
Autokonzerne zu befreien und sich für reale Verbrauchswerte von Pkw sowie
ambitionierte EU-Flottengrenzwerte einzusetzen, die nicht nur auf dem Papier
existieren.
Als alarmierend betrachtet die DUH die auf noch mehr Leistung und kürzere
Beschleunigungszeiten ausgelegten Plug-In-Hybridantriebe in den
hochmotorisierten Luxuslimousinen. Anstatt diese Technologie zur Minimierung
des Spritverbrauchs auszulegen und möglichst lange rein elektrisch gefahrene
Strecken zu ermöglichen, weichen die Normverbrauchsangaben bei dieser
Antriebstechnik besonders stark von der Realität ab. Die CO2- und
Verbrauchsangaben der Hersteller täuschen durch eine von der Realität weit
entfernten Berechnungsstrategie extrem niedrige Verbrauchszahlen vor. Nur
ein sehr kleiner Teil der Strecken wird elektrisch gefahren. Es zeigt sich,
dass diese Fahrzeuge fast ausnahmslos mit Verbrennungsmotor gefahren werden,
wobei die in Oberklasse-Limousinen verbauten Plug-In-Hybride mehr CO2
emittieren, als konventionelle Verbrenner.
„Trotz aller Kritik hält die Bundesregierung an der Subventionierung der
schmutzigen Diesel-Technologie fest. Dazu wurde nun noch beschlossen,
Plug-In Hybride mit Steuermilliarden zu fördern – ohne zu differenzieren, ob
es sich um effiziente Fahrzeuge oder Klimakiller handelt. Selbst zwei
Staatssekretäre aus dem Bundesfinanz- und Verkehrsministerium haben sich
über den hohen Spritverbrauch ihrer Plug-In-Dienstwagen im tatsächlichen
Einsatz beschwert. Wir fordern die Bundesländer auf, über den Bundesrat eine
ökologische Mindestanforderung einzuführen. Nur Plug-In-Hybride, die im
Realbetrieb weniger als 130 g CO2/km emittieren und eine ausreichend große
Strecke rein elektrisch zurücklegen können, sollten gefördert werden“,
sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Die Ergebnisse im Einzelnen:
2018 bleiben 146 von 235 Politikern (62 Prozent) dem Dieselantrieb treu
(2017 waren es noch 73 Prozent). Der Trend geht hin zu mehr
Plug-In-Hybriden. Der Anteil der Benzin-Plug-In-Hybride ist von 23 auf 28
Prozent gestiegen. Der Anteil der konventionellen Benziner von vier auf neun
Prozent.
Mit durchschnittlich 197 g/km realem CO2-Ausstoß sind die Dienst-wagen der
Umweltminister von Bund und Ländern weit vom EU-Grenzwert entfernt. Kein Dienstwagen der Umweltminister hält den EU-Grenzwert ein. Am
niedrigsten sind die Werte der Umwelt-minister aus Berlin, Hamburg und Bremen mit
164, 165 und 171 g CO2/km. Die Fahrzeuge der Umweltminister aus Hessen (218
g CO2/km), Baden-Württemberg (225 g CO2/km) und Nordrhein-Westfalen (235 g
CO2/km) bilden die Schlusslichter.
Im Bundeskabinett ist Bildungsministerin Anja Karliczek mit 193 g CO2/km mit
den wenigsten Emissionen unterwegs – allerdings mit Dieselantrieb.
Schlusslichter sind Entwicklungsminister Gerd Müller mit einem realen
CO2-Ausstoß von 229 g CO2/km und die Bundesministerin für Justiz und
Verbraucherschutz Katarina Barley mit 235 g CO2/km.
Bei den Bundesministerien weist das Innenministerium mit aussch-ließlich
Diesel-Fahrzeugen einen durchschnittlichen Wert von 192 g CO2/km aus, dicht
gefolgt vom Finanzministerium mit einen CO2-Ausstoß von 196 g/km. Der
Fuhrpark der Minister und Staatsse-kretäre des Auswärtigen Amts ist mit
durchschnittlichen 230 g CO2/km gemeinsam mit dem des
Landwirtschaftsministeriums mit 231 g CO2/km am klimaschädlichsten.
Bei den Regierungschefs der Länder setzt sich der enttäuschende Trend zu
hochmotorisierten Dienstwagen mit durchschnittlich 248 g CO2/km fort.
Carsten Sieling (Bremen),
fährt einen Plug-In-Hybrid mit einem realen CO2-Ausstoß von 171 g CO2/km.
Volker Bouffier (Hessen) und Armin Laschet (NRW) sind mit extrem hohem
Verbrauch (beide 376 g CO2/km) unterwegs und auf den letzten Plätzen vor
Michael Müller (Berlin)
mit 408 g CO2/km zu finden.
Beim Vergleich der Dienstwagenflotten der einzelnen Bundesländer ergeben
sich große Unterschiede. Die Regierung von Bremen hat
einen durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 177 g CO2/km. Im Vergleich dazu
weist die Regierung von Hessen einen extrem hohen durchschnittlichen
CO2-Ausstoß von 243 g CO2/km auf. Dies wird lediglich vom Bundesland
Nordrhein-Westfalen mit 246 g CO2/km übertroffen.
Methodik:
Von April bis August 2018 befragte die DUH insgesamt 242 deutsche Bundes-
und Landespolitiker zu ihren Dienstwagen. Die besonders geschützten
Fahrzeuge der Bundeskanzlerin, der Verteidigungsministerin, des Finanz-,
Innen- und Außenministers und des Bundespräsidenten werden wie in den
Vorjahren nach Angaben der Behörden „aus Sicherheitsgründen“ nicht gewertet.
Die Angaben zum realen CO2-Ausstoß basieren auf dem Bericht des
International Council on Clean Transportation (ICCT) „From Laboratory to
Road" 2017. Der Bericht enthält Daten zur durchschnittlichen Abweichung
zwischen den offiziellen CO2-Angaben der Autohersteller und den
CO2-Emissionen unter realen Fahrbedingungen.
In der diesjährigen Dienstwagenumfrage enttarnt sich der angeblich
klimafreundliche Plug-In-Hybrid als die Antriebsart mit der höchsten
Abweichung zwischen offiziellem und realem CO2-Ausstoß. Hauptursache der
Täuschung ist die Formel, die der Ermittlung der offiziellen CO2- und
Verbrauchsangaben zugrunde liegt. Hierbei wird der Prüfzyklus einmal mit
voller Batterie und einmal mit leerer durchgeführt. Die resultierenden
Verbrauchswerte des Verbrennungs- und Elektromotors werden anschließend mit
der offiziellen elektrischen Reichweite gewichtet und zu einer gemischten
Verbrauchsangabe zusammengefasst. Dabei kommen extrem niedrige kombinierte
Verbrauchszahlen zustande. Eine solide Datengrundlage zum realen CO2-Ausstoß
bei leerer Batterie von Plug-In-Hybriden liegt erst seit diesem Jahr vor.
Bei Plug-In-Hybrid-Fahrzeugen legt die DUH den realen CO2-Ausstoß bei leerer
Batterie zugrunde, da diese Fahrzeuge im Alltag mit dem konventionellen
Verbrennungsmotor als Hauptantriebsquelle gefahren werden.
Links:
Zu den Ergebnistabellen: http://l.duh.de/p180814
DUH-Dienstwagenumfragen: http://www.duh.de/dienstwagencheck/
ICCT-Studie „From Laboratory to Road"
https://www.theicct.org/publications/laboratory-road-2017-update
Zum Hintergrundpapier der Kampagne: http://l.duh.de/p180814
Zum Acht-Punkte-Sofortprogramm für ehrliche Spritangab-en: http://l.duh.de/p180814
Die DUH setzt sich seit vielen Jahren für ehrliche Spritangaben ein. Die
derzeitige Kampagne „Get Real – Für ehrliche Spritangaben!“ (LIFE15 GIC/DE/029
Close the gap) wird im Rahmen des LIFE-Programms der EU-Kommission
gefördert.
Kontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de
Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin
030 2400867-74, metz@duh.de
DUH-Pressestelle:
Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
030 2400867-20, presse@duh.de
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