Pfarrer Richters Appell prägte Aalener "Nacht der Kirchen":
Ökumene bedeutet daß "Christen gemein-
sam  gesellschaftliche Probleme anpacken"

Das war eine deftige Predigt von der Stadtkirchen-Kanzel die
viel Neues offenbarte: "Sind auf dem Weg und nicht im Ziel"

Stadtpfarrer Richter in der Sakristei der Stadtkirche mit neuen Bibel und im Hintergrund Martin Luther.        AIZ-Fotos: Dieter Geissbauer
Aalen. Die "Nacht der offenen Kirchen in Aalen"  hatte einen regen Zuspruch gab es in der Stadtkirche seit 20 Uhr, in der Methodistenkirche in der Nähe und in einem weiteren Gotteshaus.  Den Anfang gesetzt hatte Aalens Stadtpfarrer Bernhard Richter mit seiner treffenden Predigt vom Eröffnungsgottesdienst "Nacht der offenen Kirchen" am Montag, 2.Oktober 18.30 Uhr in der Stadtkirche Aalen. Richter sagte: Liebe Schwestern und Brüder, „Gemeinsam auf dem Weg“ so haben wir diesen Eröffnungsgottesdienst zur Nacht der offenen Kirchen überschrieben. Gemeinsam auf dem Weg beinhaltet für mich zwei wichtige Fakten.

1.   Wir sind auf dem Weg. Wir sind nicht am Ziel. Es wird auch nicht festgelegt, wie das Ziel genau aussieht, so dass manch einer sich gleich wieder eingeengt oder missverstanden fühlt und ein Unwohlsein zu spüren ist auf diesem. Auf dem Wegsein heißt vielmehr Offenheit, nicht Engstirnigkeit und Verbohrtheit, sondern Bereitschaft, auf dem Weg ach mal die Richtung zu ändern, nicht immer nur den einfachsten, den bequemsten Weg wählen, sondern mitunter auch steile Gebirgspfade besteigen, vom Nebel der Unsicherheit umgeben zu sein, und nicht immer klar vor Augen haben, wo es hingeht. Auf dem Weg hei0t nicht am Ziel sein, aber mutig und zuversichtlich gehen und nicht in Angst einsinken und schlotternde Knie bekommen.

"Als Christen den Mund aufzumachen auch
wenn es gerade nicht Zeit-Geist entspricht"

2. Und mindestens genauso wichtig für das Motto ist der Anfang, denn auf jedem Weg ist  wichtig, dass wir gemeinsam unterwegs sind, nicht allein, nicht für sich kämpfend, nicht ohne Rückhalt, einsam und allein, auch nicht egoistisch oder selbstherrlich nur eigene Ziele im Blick haben, auch das bedeutet nicht gemeinsam auf dem Wege zu sein sondern da geht es auch ein Stück Bereitschaft, auf den anderen u hören, miteinander zu überlegen, wo stehen wir, was packen wir an, was ist auch dran, wo brauchen uns Menschen, wo ist es wichtig, die Stimme zu erheben und als Christenmenschen den Mund aufzumachen, gerade auch, wenn es nicht dem Zeitgeist entspricht.

Menschen soll es besser gehen: Wo können
wir als Kirchen miteinander Probleme lösen?

Wo können wir als Kirchen miteinander gesellschaftliche Probleme lösen und mit dafür sorgen, dass es Menschen besser geht, wenn sie in Krisen geraten sind und fremde Hilfe brauchen. Das bedeutet für mich gemeinsam auf dem Weg sein, das bedeutet für mich Ökumene: Als Christen zusammen tehen und gesellschaftliche Probleme anpacken.   Und ich finde, dies ist uns hier in dieser Stadt an vielen Stellen und mit vielen Projekten auch sehr gut, geradezu vorbildlich gelungen, FBS 1970 gegründet, als viele das Wort Ökumene noch gar nicht aussprechen konnten, geschweige denn verstanden, was es bedeutet. 1997 Freundeskreis Wohnsitzloser in St. Maria beheimatet, aber inzwischen ökumenisch ausgerichtet,  1999 Aalener Tafel- von den beiden großen Kirchen gegründet Viele andere Projekte. Bahnhofsmission, Sozialführerschein. Hospizdi-enst, die kirchliche Arbeit an der Hochschule verantworten wir gemeinsam und vieles andere mehr.  

Eingeständnis: Danke sagen u. mit Ökumene
fair umgehen "wenn Mädchen heiraten will"

Ich möchte jetzt gar nicht beginnen zu vergleichen, ob es anderswo noch viel toller ist oder beschämend wenig im Vergleich zu uns. Ich bin an diesem Abend einfach sehr sehr dankbar, und denke, so nach dem Erntedankfest würde ich gerne alle die ökumenische Errungenschaft hier zum Erntedankaltar legen und einfach Danke sagen für unsere Ökumene und dass wir weiterhin gemeinsam auf dem Weg sind.   Wir dürfen ja heute auch so ehrlich sein und beim Blick zurück eingestehen, dass dies mit der Ökumene und dem guten Miteinander nicht immer so war. Ich weiß noch gut, wie es früher oft hieß: nichts ist so schlimm, als wenn der Bub eine katholische heimbringt, also sprich ein Mädchen heiraten will, das nicht die Konfession der Familie hat. Also ob es da nicht um etwas ganz anderes geht, dass sich nämlich zwei Menschen verstehen und lieben usw.

Harmonie Das Pfarrerehepaar Richter (sie ist Dekanin in Gmünd).   

"
Vergessen habe ich auch nichts in meiner
ersten Gemeinde auf der Heidenheimer Alb"

Oder vergessen habe ich auch nicht, wie in meiner ersten Gemeinde auf der Heidenheimer Alb, ganz evangelisches Gebiet, am Aller-heiligen oder auch Fronleichnam fast schon demonstrativ der blaue Anton gezogen wurde und die Bohrmaschine ausgepackt und möglichst laut gearbeitet wurde, so lange ist das noch gar nicht her.. Und ich gebe auch zu bedenken, dass lange Zeit in einer Kommune bei der Besetzung öffentlich Ämter genau darauf geachtet wurde, ob auch das Gesangbuch stimmt… Ich bin mir gar nicht sicher, ob das wirklich überwunden ist, aber das möchte ich jetzt lieber nicht vertiefen. Aber so war das in früheren Jahren und dass es heute im  Grossen und Ganzen nicht mehr so ist, dass unser Miteinander auf gegenseitigem Vertrauen aufgebaut ist und wir so auf einem guten Weg sind, das ist doch im Jahre 2017 auch im Blick auf unser großes Jubiläum ein Grund zu Dankbarkeit.

Immer ein schönes Erlebnis: Taufen von Pfarrer Bernhard Richter.   
Die positiven Wirkungen von Martin Luther
halten nach 500 Jahren bis heute weiter an

Ja, ich denke, liebe Schwestern und Brüder, im Blick auf die Person Martin Luthers hat sich doch auch etwas geändert.  Natürlich ist es unser Fest, unser Jubiläum 500 Jahre Reformation und wir eiern es ach selbstbewusst mit kleinen und großen Highlights, und ich vers-tehe auch, dass die katholische Kirche lieber vom Reforma-tionsgedenken als vom Reformationsjubiläum spricht. Aber ist es nicht auch so, dass die Person Martin Luther heute weit über die konfessionellen Grenzen einer evangelischen Kirche hinaus Aner-kennung findet? Ist sein Einfluss auf die deutsche Kultur nicht von allergrößter Bedeutung? Die Wirkung seiner Bibelübersetzung, sowie des Katechismus und der Gesangbuchlieder halten bis heute an, Der Wunsch Martin Luthers, dass alle Menschen die Bibel lesen können, hat doch eine unvergleichlich große Bildungsbewegung angestossen. War sein Satz, sein Bekenntnis: Hier stehe ich und kann nicht anders!

Luther ist ständig in der Sakristei und Kirchenausgang als Bild in der Aalener Stadtkirche anwesend: Natürlich gehört dazu auch die Bibel.
Luther wagte es sein Leben in Rom zu ver-
lieren ohne Hausmacht, Heer oder gar Geld

Nicht geradezu revolutionär, war er nicht der erste, der es wagte, als einzelne Person gegen staatliche und revolutionäre Macht aufzube-gehren, ohne Hausmacht, ohne stehendes Heer, ohne Geld, sagt sich der Augustinermönch von Rom los und riskiert sein Leben und lässt nichtlocker im Ansinnen, dass er Recht hat. Und das, weil er das Wort Gottes, die Heilige Schrift an seiner Seite wusste, und weil sie ihm niemand glaubwürdig widerlegen konnte, hat er auch niemals einstimmen können in das geforderte revoco - ich widerrufe.

Dekan Ralf Drescher staunte über so viele Gaben in Stadtkirche.    
Ehrliche Umgang mit der Geschichte ist do-ch auch eine ökumenische Errungenschaft
Ich möchte hier von der Kanzel keinesfalls eine evangelische konfe-ssionell einseitig konfessionell gefärbte Glorifizierung des Reforma-tors  vornehmen. Das liegt mir wirklich fern. Aber die Anerkennung der Person Martin Luthers und dessen Lebensleistung ist heute unumstritten und wird auch von der katholischen Theologie gewürdigt, genauso wie wir evangelischen Christen auch um die Schattenseiten des Reformators wisse, etwa in  den Äußerungen über Bauern und Juden. So sehr wir Luther auch um die Kräftigkeit seiner Worte bewundern du beneiden können, so sehr wissen wir natürlich auch um  manche verbale Entgleisung des Reformators. Aber dieser offene und ehrliche Umgang mit Geschichte ist doch auch eine ökumenische Errungenschaft, für die wir heute sehr dankbar sein können.

Stimmungsvoll mit viel Kerzen war es auch in Kirche St. Maria.       
Apostel: Allein aus Gnade werde ich gerecht
und das nicht aus mir selbst: Gottes Werk

Abschließend möchte ich auch noch hervorheben, was Luther gar nicht erfunden hat, aber für die Menschen seiner Zeit und damit für uns alle wieder ganz neu ins Bewusstsein rief; die Theologie des Apostels Paulus, den Römerbrief und den Begriff der Gnade:   Allein aus Gnade werde ich gerecht und das nicht aus mir selbst, es ist Gottes Werk allein ließ er den Apostel seiner Kirche und den Menschen zurufen die vom Ablasswesen geblendet wurden und nur noch daran dachten, sich von Schuld  und schlechtem Verhalten freikaufen zu können. Nein Luther hat den Paulus wieder neu in den Focus gerückt und uns bis zum heutigen Tag den Blick für da eigentliche freigemacht: für das Vertrauen in Jesus Christus, in dessen Händen wir unser Leben, die Gegenwart unserer Welt, unserer Kirche und auch aller Ökumene legen, wohl darum wissend, dass wir jeden Tag neu aus seiner Gnade leben dürfen. Aus der sollen dann natürlich viele gute Werke und ökumenische Projekte erwachsen, aber nicht andersherum. Ich muss mir die Gnade Gottes nicht erst verdienen, sie ist längst am Kreuz auf Golgatha für mich vollbracht.

Erntedank in St. Maria: Der Dank der Spendenden ist sehr groß.     
Laßt uns  voller Vertrauen auf Gottes Führu-
ng auch weiter im ökumenischen Geiste sein

Und so lasst uns in diesem Sinne voller Vertrauen auf Gottes Führung auch weiterhin im ökumenischen Geiste unterwegs sein, zuhause in der eigenen Konfession, und doch auch miteinander und gemeinsam auf dem Weg. In meiner Jugendzeit gab es dazu ein passendes Lied, das lautete: Schritte wagen im Vertrauen auf einen guten Weg- Schritte wagen im Vertrauen dass Gott Dich trägt.   Nicht nur auf Bestehendem sich ausruhen, das wäre zu wenig. Ruhig auch Schritte wagen,  Neues ausprobieren, sich  entmutigen lassen:   Also gemeinsam auf dem Weg bleiben, im Vertrauen dass Gott uns hält und trägt, und der Weg auch an ein Ziel, an sein Ziel führt. Amen.

Tod und Leben: um die selbe Zeit 20 bis 22 Uhr wieder Todesrennen auf der Stuttgarter Straße und Polizei sieht weg nur 50 Meter weiter.
Auch die AIZ durchwanderte diese Super-Nacht der Kirchen 2017 drei Mal sehr intensiv mit der Kamera: In der Stadtkirche Aalen trat seit 20 Uhr das Aalener Theater auf: Tina Brüggemann Tonio Kleinknecht trugen Texte von Martin Luther vor. Dazu spielte Jörg Stegmaier von der Philharmonie Ulm Alphorn und Posaune und wurde natürlich vom Stadtkirchen-Kirchenmusikdirektor Thonas Halle wie immer fehlerfrei und begeistern begleitet.

Stimmung bei Methodisten: Lobpreis,Lesung von Evangelium-Texten
Ebenfalls zwischen 20 und 22 Uhr gab es in der katholischen Kirche St. Maria eine "Nacht der Lichter mit Taize-Gebete und in der Methodistischen Kirche Aalen stand die "Lobpreisung und Lesung von Evangeliums-Texten" im Vordergrund. Dieter Geissbauer




Die Gemeinde sang mit in St. Maria: Lichter und das "Taiza-Gebet".


Kirche in St. Maria wurde mit hunderten Kerzen außen beleuchtet.  


Bei Aalener Methodisten war die christliche "Seele" auch gefordert. 



Vorbild: Die "BET-BOX" am Eingang bei den Aalener Methodisten.   

Während drinnen 3 Meter ind er Stadtkirche die Kirche Nacht der Kirchen anbot draußen die Jugend die ihre Bedürfnisse vor der Stadtkirche befriedigte: So ist es eben in der christlichen Realität.   

Theater der Stadt Aalen präsentierte Lesungen zum Nachdenken.   


In der Stadtkirche Aalen: KMD Haller und und Jörg Stegmaier (Ulm).


KMD Haller an seinem Lieblingsinstrrument der Aalener Stadtorgel. 




Vorbild: Die evangelische Mesnerin hatte einst einen Weinberg und hatte auch für den Erntedank Trauben gestiftet und verteilte den Rest an die Menschen die ihr und Gott für solche Gaben gerne dankten.  

Die Mesnerin der Stadtkirche verteilte den letzten Rest von Trauben.


Einladens mit Fahne und offenen Türe zur Nacht der Kirchen und an der Stadtkirche nebenan folgte Aalener Jugend dem irdischen Ruf.