Zahl der Zweitjobber ist im Ostalbkreis
auf 12.500 angestiegen:
NGG Ulm-Aalen-Göppingen kritisiert realistis-
ch: "Haupterwerb muss zum Leben reichen"
"Aushilfen
können auf Dauer keine Fachkräfte ersetzen: Schon
heute die Klagen über fehlende Köche und Oberkellner groß"
Auch beim
Bierausschank auf der Ostalb: Zweitjobber. Foto: NGG
Aalen. Immer mehr Zweitjobber: Rund 12.500 Menschen im
Ostalbkreis haben neben dem Haupterwerb noch einen Minijob – 64 Prozent mehr
als noch vor zehn Jahren. Das teilt die Gewerkschaft
Nahrung-Genuss-Gaststätten mit. Die NGG Ulm-Aalen-Göppingen beruft sich
dabei auf neueste Zahlen der Arbeitsagentur. Besonders verbreitet sind
Zweitjobs demnach im Gastgewerbe: 1.880 geringfügig Beschäftigte arbeiten in
der Branche im Ostalbkreis – zusätzlich zu einer
sozialversicherungspflichtigen Stelle. Gegenüber 2007 stieg ihre Zahl um 119
Prozent.
Karin Brugger, Geschäftsführerin der NGG Ulm-Aalen-Göppingen, spricht von
einem „alarmierenden Trend“. „Es kann nicht sein, dass immer mehr Menschen
mit einem normalen Arbeitsverhältnis nicht über die Runden kommen.“ Auf den
ersten Blick verzeichne der Arbeitsmarkt im Ostalbkreis steigende
Beschäftigungsquoten. „Doch die hohe Zahl der Zweitjobber zeigt, dass nicht
alles Gold ist, was auf dem Arbeitsmarkt glänzt“, so Brugger.
Mit Blick auf das Gastgewerbe kritisiert die Gewerkschafterin, die Branche
dürfe nicht zur bloßen Minijobber-Domäne werden. „In Hotels, Pensionen und
Restaurants brauchen wir mehr gelernte Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte.
Aushilfen können auf Dauer keine Fachkräfte ersetzen. Schon heute seien die
Klagen über fehlende Köche und Oberkellner groß. Doch die gewinne man nur,
indem man gute Löhne zahle. Dringenden Handlungsbedarf sieht die
NGG Ulm-Aalen-Göppingen auch bei der Politik. „Wenn laut Arbeitsagentur im
Ostalbkreis mittlerweile nahezu jeder zehnte sozialversicherungs-pflichtig
Beschäftigte einen Nebenjob hat, dann ist hier etwas aus dem Ruder
gelaufen“, betont Brugger.
Der gesetzliche Mindestlohn sei zwar ein erster wichtiger Schritt gewesen,
um extreme Niedriglöhne abzuschaffen. Doch mit derzeit 8,84 Euro pro Stunde
liege die Untergrenze zu niedrig, um davon allein als Vollzeit-Beschäftigter
etwa eine bezahlbare Wohnung in der Stadt zu finden. Brugger
plädiert dafür, dass ausgehandelte Tarifverträge künftig in allen Betrieben
einer Branche gelten sollen – unabhängig davon, ob der Chef in einem
Arbeitgeberverband ist oder nicht. „Zugleich muss sich die nächste
Bundesregierung dringend um die Rente kümmern. Ein Großteil der Menschen,
die heute auf einen Zweitjob angewiesen sind, wird im Alter mit
Armutsbezügen leben müssen. Hier brauchen wir eine Haltelinie nach unten“,
sagte der AIZ heute Brugger. |