Den Preis des Alkohols müssen die Ärzte immer ausbaden:
46 Jugendliche landeten mit Alkohol am
Ende wieder mal in Aalener Ostalbklinik
Letztes Jahr 17 "Komasäufer" mehr als 2016 berichtet die AOK
Ostwürttemberg:Hohe Anstieg deutet auf schlimmen Trend hin

End-Station der Komatrinker ist Dr. Jochen Riedel in der Ostalbklinik
Aalen. AOK-Geschäftsführer und der Chefarzt für Kinder- und Jugendmedizin sind sich einig – Alkohol ist in Deutschland zu billig und zu einfach rund um die Uhr erhältlich. Vergangenes Jahr haben sich 46 bei der AOK versicherte Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren im Ostalbkreis in die Klinik getrunken – 17 mehr als 2016. „Angesichts solch einer Steigerungsrate sollte auch in Deutschland ein Mindestverkaufspreis für reinen Alkohol in Betracht gezogen werden“, sagt Josef Bühler, Geschäftsführer der AOK Ostwürttemberg mit Blick auf Schottland. Dort wurde zum 1. Mai ein Mindestverkaufspreis von 57 Cent je zehn Milliliter reinen Alkohols eingeführt.

Wenn es nur bei einem Bier bliebe … doch immer mehr junge Frauen greifen zu härterer Alkoholika. Zum ersten Mal haben sich im Ostalbkreis mehr junge Frauen als junge Männer ins Koma.            
„Der Preis regelt auch beim Alkohol die Nachfrage“, ist Bühler überzeugt und führt als Beispiel die vor 14 Jahren eingeführte Steuer auf sogenannte Alkopops an. „Über eine gezielte Besteuerung kann eine positive Lebensstiländerung auf breiter Front eingeleitet werden.“

AOK-Geschäftsführer Josef Bühler: Bei Frauen 10,1 % Anstieg.       
Jochen Riedel, Chefarzt für Kinder- und Jugendmedizin der Kliniken Ostalb plädiert angesichts des Alkohol-Hochkonsumlands Deutsch-land an die politischen Verantwortlichen, den Preis von Alkoholika nicht nur dem Markt zu überlassen. In Deutschland nimmt laut Statistischem Bundesamt der Konsum von harten Alkoholika – im Gegensatz zum Bier – zu. Seit 2013 verzeichnet das Amt einen stetig steigenden Verbrauch, 2016 waren es bundesweit 1,778 Milliarden Liter reinen Alkohols, der als Wodka, Schnaps und Korn getrunken wurde. Hier liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei 2,2 Liter im Jahr.

Würde man die schottische Preisvorgabe für reinen Alkohol auf den deutschen Markt übertragen, würde eine 0,5-Liter-Flasche Bier zukünftig mindestens 1,40 Euro kosten und eine Flasche Wodka, die es derzeit beim Discounter für 4,99 Euro gibt, auf mindestens 14 Euro hochschnellen.

„Das bei feiernden Jugendlichen beliebte Mixgetränk Wodka mit dem Energydrink RedBull würde um 300 Prozent teurer werden!“ rechnet Riedel vor. „Bei diesem Preis wird auch der Konsum von solchen harten Alkoholika  und damit die Anzahl der Komatrinker zurück gehen“, ist der Arzt überzeugt.

Laut AOK Ostwürttemberg sind 2017 wegen eines akuten Alkoholrauschs – im Volksmund Komatrinken – im Ostalbkreis 149 Männer und Frauen in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Insgesamt waren 405 AOK-Versicherte aufgrund alkoholbedingter Störungen in der Klinik.

„Mit Erschrecken stellen wir fest, das sich zum ersten Mal mehr junge Frauen als junge Männer ins Koma getrunken haben“, berichtet AOK-Chef Josef Bühler. „Während insgesamt das Komatrinken rückläufig ist, haben wir dadurch bei den Frauen ein Wachstum von 10,1 Prozent zu verzeichnen.“

Mit Blick auf diese Entwicklung, sieht Dr. Riedel, auch eine Gefahr im Falle von späteren Schwangerschaften. „Das kann sich später beim eigenen Nachwuchs zeigen“, erklärt der Arzt. „Das Baby kann mit schweren geistigen und körperlichen Schäden zur Welt kommen.“

Um dem Trend des exzessiven Alkoholkonsums entgegenzuwirken, schicken einige Landkreise in Niedersachsen den Eltern von jungen Komasäufern statt der entsprechenden Krankenkasse die Rechnung für den Notfall-Einsatz. Das können bis zu 1100 Euro sein.

„Das mag anfangs einen erzieherischen Effekt haben, doch ohne flankierende Maßnahmen wie eine Sucht- und Familienberatung lässt sich das Problem dadurch nicht lösen“, sagt AOK-Chef Josef Bühler und ergänzt: „Hinter solchen Alkohol-Exzessen stecken bei Wiederholung ja nicht nur Rituale zum Erwachsenenwerden, sondern auch soziale und psychische Probleme des Betroffenen, die gerade durch die familiäre Situation entstanden sein können.“

Grundsätzlich sei mehr Präventionsarbeit und Aufklärung über die Folgen von exzessivem Alkoholkonsum, der richtige Weg, um ein Umdenken zu bewirken, so AOK-Chef Josef Bühler.

 

Bild: Wenn es nur bei einem Bier bliebe … doch immer mehr junge Frauen greifen zu härterer Alkoholika. Zum ersten Mal haben sich im Ostalbkreis mehr junge Frauen als junge Männer ins Koma getrunken.

Quelle: Pixabay

Bild2:Josef Bühler, Geschäftsführer der AOK Ostwürttemberg

Quelle: AOK Ostwürttemberg

Bild3: Jochen Riedel, Chefarzt für Kinder- und Jugendmedizin der Kliniken Ostalb

Quelle: Kliniken Ostalb