Fachsenfelder Kunst-Experte Dr. Schludi bei der Eröffnung:
Neue Stadelgalerie auf Schloß Fachsenfeld:
Elsasskunst und Ungers Menschen-Facetten

Toni Ungerer prägt im Ökonomiegebäude "Kultur-Ereignis"
seit Freitag als 8. aus dem Elsass: "50 Jahre Elysee-Vertrag"


Dr. Schludi bewertete das "Kulturereignis der besonderen Art" im Ökonomiegebäude auf Schloß Fachsenfeld fachkompetent und so dass auch Laien die "Elsasswochen auf Schloss Fachsenfeld" genießen können und so für Kunst gewonnen werden und verstehen dass in der neuen Stadelgalerie 50 Jahre Elysee-Vertrag weiterhin eine tragende Rolle spielen.                 AIZ-Fotos: Dieter Geissbauer

Aalen-Fachsenfeld. Ein "Kulturereignis besonderer Art" gab und gibt es auch weiter auf Schloß Fachsenfeld und seit Freitag dem 21. Juni auch im Ökonomie-Gebäude des Barons, das wieder heraus  geputzt wurde und wo die Elsass-Wochen kuliartisch begannen: Im Erdgeschoß des Ökonomie-Gebäude wurden sehr kunstvoll und unter vollem Harmonie-Einsatz alle vorhandenen Werke die unsedlich vielseitigen, sehr bunten"Menschen und Facetten" bewundert und im 1. Stock "Kunst ohne Grenzen mit acht zeitgenössischen Künstlern gezeigt.  Ulrich Pfeifle: "Mit Ihnen allen, unserem treuen Publikum, feiern wie an diesem herrlich sonnigen Abend gleichzeitig 50 Jahre Elysee-Vertrag und die Eröffnung unserer neuen Stadelgalerie"

Faszinierend: Echtes Schiff und das bildliche Abbild im Hintergrund.

Der Kunstexperte Realschullehrer und Kunstpapst Dr. Schludi (Realschule auf dem Galgenberg Aalen) hat diese Komponenten in seinem Grußwort sehr treffend am Freitag Abend vor großem Pub-likum nicht nur für diem Gäste, sondern exklusiv auch für die AIZ-Leser sehr  treffend beschrieben:

"Blick zum Nachbarn": Zeitgenössische Kundt bis zum 27.10. 2013. 

Blick zum Nachbarn: „Zeitgenössische Kunst aus dem Elsass": Unter dem Ausstellungstitel „Menschen und Facetten" zeigt die Galerie der Stiftung Schloß Fachsenfeld den Zeichner Jean-Thomas „Tomi" Ungerer. Ich will keine Eulen nach Athen tragen, aber ein paar Bemerkungen seiner Biographie seien erlaubt. Er ist ein weltweit bekannter französischer Künstler, Grafiker, Satiriker, Schriftsteller und Illustrator von Bilderbüchern für Kinder und Erwachsene. Ungerer lebt abwechselnd in Irland und in Straßburg. Er wurde am 28. November 1931 in Straßburg geboren. Er war zuhause in New York und besaß ein Anwesen im kanadischen Nova Scotia. Ungerer ist Schöpfer von über 40 000 Zeichnungen und Autor von über 140 Büchern.

Bis zur letzten Minute an Ausstellung gearbeitet: Geschäftsführer Schurig (links) und Kunstexperte Dr. Schludi (rechts) aus Aalen.      

Wie der Ausstellungstitel schon verrät, sind Tomi Ungerer alle Facetten der menschlichen Existenz gestaltungswürdig. Er kann zärtlich pädagogisch sein, wenn er Kinderbücher macht, sentimental in seiner Liebe zum Elsass; er beweist Sinn für Unsinn in seiner Werbegraphik; er ist obszön in erotischen Zeichnungen, seine Cartoons geraten sarkastisch – er ist zeitkritisch, politically incorrect, manchmal auch konventionell, und er erweist sich als engagierter Europäer. Kurz gesagt: Ungerer beherrscht in seiner Kunst alle Spielarten der Emotion und der Provokation.


Das Ökonomie-Gebäude des Barons: Heute die "Stadel-Galerie".    

Das kommt nicht von ungefähr. Der heute 82jährige blickt auf ein erfülltes, aufregendes Leben zurück und hat sich die Themen und Motive seiner Bilder und Zeichnungen stets von der Wirklichkeit diktieren lassen. Das erklärt, warum sich seine Handschrift je nach Bedarf immer wieder mit den Sujets ändert. Er hat sich niemals von irgendwelchen künstlerischen Stilen oder „– ismen" beeinflussen lassen. Und so paradox es klingen mag, trotz seiner stilistischen Wandelbarkeit ist er immer unverkennbar Ungerer geblieben. Andere Künstler mögen ihre Sichtweise, ihre Handschrift der Wirklichkeit überstülpen, bei Ungerer ist dies umgekehrt. Und verblüff-enderweise, gerade weil er keiner Stilrichtung anhängt, ist er in seiner persönlichen Handschrift unverkennbar und stilprägend geworden.

Man beachte: Vor dem Ökonomiegebäude gärtnerische Leistungen. 

Nicht er gestaltet die Bildwirklichkeit nach seinen Vorstellungen, sondern die Realität führt ihm den Zeichenstift. Er ist Kind und Chronist seiner Lebens-(Zeit) und seiner Erfahrungen. Deshalb ist ihm alles bildwürdig. Und gerade weil er die Augen vor nichts verschließt, sei es auch noch so fragwürdig, unmoralisch, erotisch, gar obszön oder unerträglich, erweist er sich in seiner immer ehrlichen Kunst als zeichnender Moralist. Dabei ist ihm das aktuelle Zeitkritische genauso wichtig wie das zeitlose Essentielle. Sie begegnen in Ungerers Werk immer dem ganzen Menschen mit seinen Licht- und Schattenseiten.

Da hätte sich auch der Baron gefreut: Kunstwerke in  Stadelgalerie. 
Die Originale und Sérigraphien, die wir für diese Ausstellung ausgewählt haben, zeigen uns Erdenbürger mit all unseren Facetten und Widersprüchen. Wir haben sie unter den Themenbereichen „tierisch Animalisches", „zeitkritisch Politisches", „menschlich Allzumenschliches", „erzählerisch Anekdotisches" und „erotisch Obszönes" grob geordnet und sie werden als Bildgruppen in den beiden unteren Ausstellungsräumen präsentiert.

Da gerade im Bereich der erotischen Blätter die Grenzen der persönlichen Toleranz fließend verlaufen, haben wir es dem erwachsenen Betrachter freigestellt, unseren „schwarzes Kabinett", in dem die etwas provozierenderen Arbeiten hängen, zu betrachten.

Aber nicht nur Tomi Ungerer erweist sich als
ein beständiger künstlerischer Grenzgänger

Aber nicht nur Tomi Ungerer erweist sich als beständiger künstlerischer Grenzgänger. Das Elsass hat sich im Lauf seiner Geschichte und Entwicklung immer als Grenzregion auch im übertragenen Sinn erwiesen. Es scheint künstlerische Grenzgänger magisch anzuziehen. Die Kunst im Elsass kennt keine Grenzen, so haben wir auch unsere zweite Kunstschau folgerichtig übertitelt mit dem Motto: „Kunst ohne Grenzen".

Einer der profiliertesten Grenzüberschreiter ist Raymond-Émile Waydelich. 1938 in Straßburg geboren, ist er ein international renommierter Maler, Bildhauer und Aktionskünstler. Er lebt und arbeitet in Hindisheim/Elsass. –Der ehemalige Armeefotograf ist nicht nur ein alter Freund von T.U., er ist auch einer der profundesten Kenner des elsässischen savoir vivre. Er kennt jedes Lokal, besonders die besten, jeden Winzer, ist mit allen Repräsentanten der elsässischen Kultur persönlich bekannt. Wir haben als Vorbereitungsteam dieser Ausstellung von allen drei Faktoren profitiert-. Merci Raymond, mon vieux légionaire.

Waydelichs umfangreiches Werk umfasst Gemälde, Plastiken und Skulpturen aus Keramik oder Bronze, Assemblagen, Papierarbeiten sowie öffentliche Kunstaktionen und Performances. Die künstlerischen Techniken seiner farbenfrohen, verspielten, witzig-skurrilen Grafiken kennen keine formalen Beschränkungen.

Mit seinen ins Auge springenden, karikaturhaften Krokodilen, Katzen und sonstigem Getier ist Raymond Waydelich ein humorvoller und phantasiereicher Bilderzähler. Sein gestalterisches Interesse gilt einer Art der privaten Spurensicherung, einer Mythologie der Moderne. Im übertragenen Sinne gräbt er potentielle Bildmotive und Ideen aus – seien sie nun prähistorisch oder der griechischen Mythologie entlehnt, um sie dann in Objekten, Drucken oder Zeichnungen weiter zu verarbeiten und sie seiner individuellen Archäologie einzuverleiben. Dabei betreibt Waydelich jedoch nicht nur Vergangenheitsforschung, der Blick auf Gegenwärtiges oder Zukünftiges gerät ihm genauso zum Bildthema.

In seinen schwerpunktmäßig gezeigten Druckmischtechniken gelingt es ihm, alle Grenzen der Drucktechnik aufzulösen und zu verwischen. Gleichzeitig ist er in der Lage durch satirisch, ironische Überzeichnungen und comic-ähnliche Figurvereinfachungen seine Bildideen ohne große Umschweife auf den Punkt zu bringen.

Diese comicähnlichen Figurvereinfachungen sind auch ein Markenzeichen des Straßburgers Marc Felten. Er ist 1954 geboren und gründete 1975 ein eigenes Grafikstudio. Seit 2004 arbeitet Felten ausschließlich als freier Künstler und dies sehr erfolgreich. Der Künstler kreiert großformatige am Computer vorbearbeitete Fotodrucke, die er von Hand übermalt und damit auch handwerklich und gestalterisch alle Genregrenzen überschreitet.

Seine immer an der menschlichen Figur angelehnten Fantasie-geschöpfe kommen leichthändig gesetzt in der uns vertrauten Formensprache der Pop-Art und des Comic daher. Aber das Leichte und Schöne der comic-haften Bildgeschichten kippt bei Felten jäh und unversehens ins Schreckliche, Bedrohliche ja Aufwühlende.

Dr. Schludis künstlerische Einführung war wieder  "Spitzenklasse".  

"Schöne ist nichts als des Schrecklichen An-
fang den wir noch ertragen und bewundern"

Als ich das erste Mal seine Arbeiten sah, fiel mir sofort ein Zitat aus Rilkes Duineser Elegien ein: "Denn das Schöne ist nichts als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen, und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht, uns zu zerstören". Diese von Rilke beschriebene Bipolarität der Schönheit spricht aus allen Partikeln des Bildkosmos von Marc Felten. Das Vertraute kippt ins Gefährliche, das Gewohnte ins Beängstigende und doch übt seine Bildsprache eine faszinierende Attraktivität auf uns Betrachter aus. In barocker Raumkomposition und mit expressio-nistischem Pinselgestus offenbart er die heimlichen Obsessionen und Dämonen seiner menschenähnlichen multiplen Kreaturen und Figuren.

Auch bei den auf grober Leinwand gesetzten Malereien des 1961 in Basel geborenen Christophe Hohler kann einem beim ersten Eindruck der Atem stocken. Seine Arbeiten sind gewaltig - nicht nur vom Format her -, sie lösen zunächst eine unbestimmbare Furcht und Beklemmung aus. Man spürt leises Unbehagen und die starke selbstbehauptende Kraft dieser Bilder, die als mächtiges Gegenüber daherkommen. Seine uns in fast lebensgroßer Proportion gegen-überstehenden Malereien zeigen Menschen, deren Körperhaltungen auf intensive Posen, Gesten und Gebärden konzentriert sind. Diese auf einfachste Umrissform gebrachten Figuren sind ganz bei sich in ihre Tätigkeit oder Haltung vertieft. Sie spielen Mundharmonika, sie rauchen, sie sprechen, sie sind einfach vorhanden, sie sind, im wahrsten Sinn des Wortes. Ihre bildhafte Existenz verunsichert und fordert den Betrachter zum ebenbürtigen Wahrnehmungsduell.

Hohlers Bilder mit expressivem Gestus, gr-
obkörnigem Farbauftrag als Menschenbilder

Hohlers Bilder mit expressivem Gestus und grobkörnigem Farbauftrag gemalt, kreieren aufwühlende Menschenbilder, die man als Metamorphosen der Schöpfung des Menschen lesen kann. Seine Menschen sind Prototypen des Menschseins, keine individualisierten Männer oder Frauen. Sein gestalterisches Thema ist der Ur-Mensch, der Mensch an sich, wobei sich Hohler speziell auf die essentiellen archaischen Erfahrungen des Menschseins in seinen Bildern konzentriert.

Marie-Amélie Germain ist in Lyon, Frankreich, geboren. Heute ist sie in Straßburg ansässig. Sie zeigt vier großformatige Kohlezeich-nungen und eine Serie von Tusche und Farbmalereien auf dünnen, aufgeschlagenen Büchern, die sich mit dem Thema „Rivière" bzw. „Fluß" beschäftigen. In geradezu altmeisterlicher Manier übersetzt sie die Licht-und Schattenspiele einer Flußlandschaft in sensible, dramatisch schön wirkende Hell-Dunkelvaleurs oder sie rückt die Wasserspiegelungen einer Bachaue in anmutig farbiges Licht wie in ihren Kleinformaten.

Dass sie die farbigen Kleinformate auf antiquarischen, dünnen Büchlein malt, vermittelt dem Betrachter einen Hauch von Vergänglichkeit. Denn so wie die „cahiers" , die Lesehefte ihre Gegenwart, ihre Bedeutung, ihre eigentliche Funktion verloren haben, so werden auch die darauf gemalten Landschaftsnotizen eines Tages ihre Schönheit, ihrer Strahlkraft verlustig gehen. Auch ihre Kunst ist grenzüberschreitend zwischen Schönheit und Verg-änglichkeit.

Marie-Amélie Germain fasst dies treffend in eigene Worte, deshalb will ich sie zitieren: „Ich denke, dass sich meine Malerei in die lange Tradition der Kunst einschreibt, die zeitlose und universelle Ideen befragt, in denen sich jeder Mensch selbst erkennen kann: die des Lebens, vor allem seiner Kürze, weshalb das Thema der Vanitas ein unverzichtbares Genre bleibt, aber auch der Schönheit der Welt, die sich sowohl in einer Landschaft, ihren Formen und Farben, wie auch in der Grazie eines weiblichen Aktes oder in der Schönheit eines Arms voll  Blumen zeigen kann."

Auch der 1969 in Tokio geborene Mitsou Shi-
raishi hat "Landschaftsmalerei" zum Thema

Auch der 1969 in Tokio geborene Mitsou Shiraishi hat die Landschaftsmalerei zum Thema - zumindest auf den ersten Blick. Denn der in Mulhouse lebende und arbeitende Künstler lässt die Hauptakteure seiner Bildwelten - die Menschen - gar nicht in seinen Landschaften erscheinen.

Seine Radierungen und Malereien zeigen eine fragile, feingliedrige, menschenleere Phantasiewelt, die einen künstlerischen Spagat zwischen Spiel und Bedrohung visualisiert. In die Schönheit der hauchzart lasierten Landschaftsmalereien mischen sich nämlich immer wieder Überbleibsel, Werkzeuge, Gerätschaften als Zeugen menschlichen Gebrauchs.

Diese verbleiben in der Naturszenerie beispielsweise als gedeckter Tisch, als Zivilisationsmüll oder als unbenutzte Rodelbahn. Sie sind ihrer Funktionen beraubt, weil wir Menschen, als ihre Benützer aus diesen Bildwelten verschwunden sind.

Shiraishis gemalte Landschaftsvisionen entlarven den Menschen als Störenfried in einer intakten Naturwelt, der mit seinen technischen und kulturellen Errungenschaften Relikte hinterlässt, die sich unschwer als Fremdkörper entpuppen und im Vergleich zu gewachsenen Landschaftsformationen wie sinnloses Spielzeug wirken. Dass der Mensch als Verursacher solch störender Fremdkörper in den Bildern, in der Schönheit der Natur gar nicht (mehr) vorkommt, spricht angesichts unserer tatsächlichen Umweltprobleme eine deutliche Sprache. Die Natur kann ohne uns existieren, davon künden die Bilder. Während wir ohne die Natur nicht überleben können.


Christian Geiger, 1964 in Mulhouse/ Frank-
reich geboren, erweist sich auch als Visionär

Christian Geiger, 1964 in Mulhouse in Frankreich geboren, erweist sich ebenfalls als Visionär. Aber er beschäftigt sich in seinen Städtebildern mit den Metropolen unserer Gegenwart. Seine Bilder bestehen aus collagierten Versatzstücken mit Szenen aus den großen amerikanischen Städtemolochs wie New York oder L.A. Wobei die Collageelemente aus Fotos oder Fotoabrieben bestehen und durch fotorealistische Malerei ergänzt werden. Die Grenzen zwischen Fotographie und Malerei verschwimmen und verschwinden in seinen Mischtechniken bisweilen völlig.

Geigers geradezu barocke Formfantasie visualiert uns dabei die atemlose Dynamik und den schwindelerregenden Rhythmus solcher Megacities. Mit ebenso überbordender Schalkhaftigkeit lässt Geiger aber die fotographisch realistischen Großstadtillusionen unter groben autonomen Pinselgesten verschwinden oder sich in abstrahierenden Farbschwaden auflösen.

Auch die in seinen Bildwelten - und übrigens auch in seinen Bildtiteln - immer wieder auftauchenden Wort- und Sprachfetzen spielen bei diesem formopulenten Verwirrspiel eine entscheidende Rolle. Geiger spielt mit den Mitteln des „trompe l’oeil" der Augen-täuschung. Nichts ist in seinen Bildern so wie es scheint. Trotz hyperrealistischer Formensprache löst sich vieles in surrealen, autonomen und abstrakten Farb-Formpartikeln auf. Was bei Christian Geiger ein Gestaltungsmittel unter vielen ist, nämlich die Verwendung von autonomen und abstrakten Farb- und Formelementen, gerät bei Michel Cornu und Godwin Hoffmann zu den Hauptcharakteristika ihrer Kunst. Allerdings unter völlig unterschiedlichen Vorzeichen.

Bei Michel Cornu ist die absolut autonome u.
bedeutungsfreie Gestaltungssprache Kunst

Bei Michel Cornu, 1957 geboren und heute in Colmar lebend, ist die absolut autonome bedeutungsfreie Gestaltungssprache das erste Kennzeichen seiner Kunst. Für seine im weitesten Sinne als Graffitimalerei definierte Arbeiten verwendet er die unterschiedlichsten Materialien: es sind da Öl- und Acrylfarben, Bleistift, Buntstifte oder Tinte, die er entweder direkt auf die Leinwand oder auf Papier malt oder auch aufklebt. Seine Bildmittel bestehen aus elementaren, stark reduzierten Zeichen, die von einem spielerisch suchenden Gestus geprägt sind und im weitesten Sinne an lebendige, organische Formen erinnern.

Genauso reduziert wie seine Formpartikel erweist sich seine Farbgebung, die sich eher als eine schwarz-weiß-graue Tonigkeit mit subtilsten und differenziertesten Abstufungen darstellt. Wenn sich farbige Werte in seine Arbeiten einschleichen, dann als erdtonige braun-ocker Valeurs. Was Cornu in seinen Blättern an Farbigkeit aufgibt, gewinnt er an materialdefinierter Oberflächenqualität zurück. Die schwarzweißtonigen Farbausdehnungen sind aufgrund ihrer starken Materialpigmentierung fast mit den Fingerspitzen zu erfühlen. Der Abrieb und die Materialbeschaffenheit gehören zu den ureigenen Bestandteilen seiner Bildwerke. Das gilt vor allem in den Malereien, die geradezu von Pigmentanhäufungen und Verdicht-ungen geprägt sind.

Godwin Hoffmann: Bildautonomie von gera-
dezu entgegen gesetzter Art: "Handschrift"

Was nun den heute in Berlin und Straßburg lebenden Godwin Hoffmann betrifft: Seine Bildautonomie ist von geradezu entgegen gesetzter Art. Der Gestus, die künstlerische Handschrift ist zugunsten der Farbigkeit völlig verschwunden. Der 1945 in Büchenbeuren in Deutschland geborene Künstler hat sich mit seinen Arbeiten einem Konstruktivismus verschrieben, der sowohl mit mathematischen als auch mit Zufallsprinzipien in seiner Bildgestaltung experimentiert.

Hoffmanns Streifenkoloraturen sind leuchtend und intensiv, die Formen streng, akkurat und geometrisch kalkuliert. Der Farbauftrag wirkt nahezu immateriell strahlend. Die Farbe selbst erscheint wie in den Raum hinein transferiert und setzt starke Signale. Die gleichermaßen kraftvoll und sensibel aufeinander abgestimmten Farbtöne tun ein Übriges um die Farbfelder im Umraum schweben zu lassen.

Seine Farbtableaus, die oft das konventionelle Rechteckformat zugunsten anderer Formumrisse aufgeben, erscheinen auch als Dreiecke oder Parallelogramme und erhalten damit Objektcharakter. Zudem spielt der vielfältige Reliefcharakter seiner Bildtafeln, die oft den Umraum und Zwischenraum mit ins Bildfeld einschließen, eine entscheidende Rolle. Das lässt die Farbobjekte, die zudem bewusst nicht durch Rahmen begrenzt sind, weit in ihr Umfeld hineinstrahlen.

Während Godwin Hoffmann bei meinen Ausführungen hier den alles zierenden Schlußpunkt setzt. Haben wir ihm in der Ausstellung „Kunst ohne Grenzen" den Eröffnungspart zugedacht. Als Paradebeispiel des deutsch-französischen Grenzüberschreiters – in Deutschland geboren, aber in Frankreich im Elsass genauso zuhause – bilden seine Arbeiten den farbintensiven Auftakt der Kunstschau.

Der Paradeelsässer par excellence Raymond Waydelich geleitet dann mit seinen Arbeiten die Betrachter durch das Treppenhaus bis nach oben in den mittleren Stock des Ökonomiegebäudes. Tomi Ungerers Arbeiten finden Sie im Erdgeschoss in den beiden Räumen links vom Eingang. Hermann Schludi, Künstlerischer Leiter auf Schloß Fachsenfeld.