Regionale Analyse: 4.460 Menschen im Ostalbkreis
profitieren
Neuer Mindestlohn bringt Million
Extrakaufkraft für 4.460 im OAK
Karin Brugger:
Denn wer zum untersten Lohn arbeitet könnte
nichts auf hohe Kante legen: Mit 9.10 € ab 01 25 Cent mehr
Aalen.
.Der Mindestlohn steigt ab Januar um 35 Cent auf jetzt 9,19 Euro pro Stunde –
und mit ihm der Verdienst von 4.460 Menschen im Ostalbkreis. So viele
Beschäftigte arbeiten hier derzeit zum gesetzlichen Lohn-Minimum. Auch die
Wirtschaft im Kreis profitiert: Die Kaufkraft wächst durch das
Mindestlohn-Plus in diesem Jahr um rund eine Million Euro. Das teilt die
Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit und beruft sich auf eine
aktuelle Analyse des Pestel-Instituts aus
Hannover, das die Auswirkungen der Mindestl-ohn-Entwicklung regional
untersucht hat.
„Mal ins Kino oder Essen gehen. Und auch mal etwas Neues für den Haushalt
anschaffen – fast jeder Euro, den Mindestlohn-Beschäftigte am Monatsende
extra haben, fließt in den Konsum. Und einen Großteil davon geben sie vor
Ort aus“, sagt Karin Brugger von der NGG-Region Ulm-Aalen-Göppingen. Denn
wer zum untersten Lohn arbeite, könne nichts auf die hohe Kante legen. Für
die Gewerkschafterin ist der gesetzliche Mindestlohn aber auch nach der
aktuellen Erhöhung zu niedrig: „Selbst für eine Vollzeitkraft ist es extrem
schwer, mit dem Mindestlohn klarzukommen. Gerade dann, wenn auch noch Kinder
im Haushalt leben. Und bei steigenden Mieten sowieso“, so Brugger. Die NGG
fordert deshalb ein deutlich stärkeres Mindestlohn-Plus. Erst in einer
Größenordnung von mehr als zwölf Euro pro Stunde werde die Lohnuntergrenze
„langsam armutsfest“.
NGG-Geschäftsführerin Brugger sieht bei den Löhnen „Luft nach oben“ und die
Arbeitgeber in der Pflicht: „In Branchen wie dem Gastgewerbe und dem
Bäckerhandwerk gehen trotz guter Wirtschaftslage selbst Fachkräfte oft nur
mit dem gesetzlichen Minimum nach Hause.“ Messlatte sei aber nicht der
Mindestlohn, sondern der Tariflohn. Brugger prangert die zunehmende
Tarifflucht als Hauptgrund dafür an, „dass seit Jahren viel zu viele
Menschen im Niedriglohnsektor gefangen sind“ und fordert die Unternehmen
auf, sich zu Tarifverträgen zu bekennen: „In den Tarifverträgen der NGG sind
meist deutlich höhere
Löhne, auch in den unteren Lohngruppen, vereinbart. Und wer nach
Tarif zahlt, der hat auch zufriedenere Mitarbeiter, die sich im Job
engagieren.“
Brugger betont, dass von der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns seit
2015 rund vier Millionen Menschen profitiert haben. Allerdings werde dieser
gesetzliche Anspruch viel zu wenig kontrolliert, weil die Finanzkontrolle
Schwarzarbeit nach wie vor nicht ausreichend personell ausgestattet sei. „Es
gibt viel zu viele Schlupflöcher: Arbeitszeiten werden nicht korrekt erfasst
oder Überstunden nicht bezahlt, um den Mindestlohn massenhaft zu umgehen.
Das ist ein Skandal“, kritisiert die Gewerkschafterin und fordert die
Beschäftigten auf, ihre Januar-Lohnabrechnung genau zu kontrollieren.
Bei seiner Einführung 2015 lag der gesetzliche Mindestlohn bei 8,50 Euro pro
Stunde. Nach dem Mindestlohngesetz steigt er alle zwei Jahre. Wie hoch das
Plus ist, hängt insbesondere von der Entwicklung der Tarifverdienste ab. Die
NGG war die erste Gewerk-schaft, die sich für die Einführung eines
gesetzlichen Mindestlohns stark gemacht hat.
Zusatz-Info: Nach Berechnungen des Pestel-Instituts hätte ein höh-erer Mindestlohn starke
Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft: Würde der gesetzliche Mindestlohn
um einen weiteren Euro – auf dann 10,19 Euro – steigen, wäre damit allein im
Ostalbkreis ein Anstieg der Kaufkraft um 9,3 Millionen Euro im Jahr
verbunden. Denn davon würden dann sogar rund 11.500 Menschen profitieren –
nämlich neben den bisherigen Mindestlohnempfängern auch die Beschäftigten,
die derzeit für einen Stundenlohn arbeiten, der nur knapp oberhalb des
gesetzlichen Mindestlohns liegt.
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