Infoabend von Bündnis Gesundheit Ellwangen bei "Betzold":
Viele Betroffene und
Angehörige
kommen viel zu spät zur Beratung
„Pflege wird spät Thema“ im Mittelpunkt:
Pflegebedürftige
"sind selbst dazu nicht mehr fit und Angehörige überfordert"
Das Gastgeber-Ehepaar Tina und Ulrich Betzold (r.) mit den Referenten des
Infoabends, Judith Lieb Betreuungsrichterin aus
Neresheim, Josef Erhard, Leiter Vermögensbetreuung der VR Bank
Ellwangen, Holger Uhlig, Leiter des Competence Center Pflege bei der
AOK Ostwürttemberg, Sabine Rathgeb vom Pflegestützpunkt Ostalbkreis,
AIZ-Foto: AOK Ostwürttemberg
Ellwangen. Das Unternehmensnetzwerk „Bündnis Gesundheit
Ellwangen“ lud seine Mitarbeiter zum Informationsabend „Vorsorge und
Pflege“ ein. Mehr als 100 Interessenten kamen in die Räume der Firma Betzold,
um sich mit drei Pflege-Experten auszutauschen.
„Pflege wird sehr spät zum Thema“, eröffnet Sabine Rathgeb vom
Pflegestützpunkt Ostalbkreis die sehr informative Veranstaltung. Beim
Pflegestützpunkt finden Beratungen zu allen Fragen im Vor- und Umfeld der
Pflege statt.
„Viele Betroffene und deren Angehörige kommen sehr spät zur Beratung,
meistens erst wenn die Situation für alle Beteiligten schon sehr belastend
geworden ist. Bei der Pflege müssen die Menschen selbst aktiv werden, um
Unterstützung zu bekommen“, sagt Rathgeb. Problem: Die Pflegebedürftigen
sind selbst dazu nicht mehr in der Lage und viele Angehörige überfordert.
Ein Großteil der Pflege findet in den eigenen vier Wänden statt. Zwei
Drittel der Pflegebedürftigen werden zuhause von Angehörigen gepflegt.
„Diese pflegenden Angehörigen müssten nach Rathgebs Vorstellung viel mehr
unterstützt und regelmäßig entlastet werden. „Pflegende Angehörige brauchen
auch ein Stück Leben, denn nur wem es gut geht, kann auf Dauer auch gut
pflegen“, betonte die Expertin des Landratsamtes Ostalbkreis.
Holger Uhlig, Leiter des Competence Center Pflege bei der AOK Ostwürttemberg
kann das Gesagte von Frau Rathgeb nur unterst-reichen. „Wir bieten bei der
AOK neben den Beratungsgesprächen auch mit unserem Sozialen Dienst eine
qualifizierte Pflegeberatung an, bei dem eine unserer Sozialpädagoginnen zu
den Menschen nach Hause geht, um sich ein umfassendes Bild der Situation zu
machen und entsprechend Hilfe zu organisieren“, erklärte Uhlig. Es gebe seit
der Pflegereform auch einen monatlichen Entlastungs-betrag in Höhe von 125
Euro für alle Bezieher von Pflegeleistungen. Dieser muss aber aktiv
abgerufen werden, sonst verfällt dieser zum Jahresende.
Zum Thema Pflegeeinstufung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen
erklärte der AOK-Pflegeexperte, wie die Betroffenen und die Angehörigen
nachprüfen können, wie es zu dem zugewie-senen Pflegegrad gekommen ist. „Heute
sind die Begutachtungs-richtlinien des MDK unter
www.pflegebegutachtung.de
für alle einsehbar. Jeder kann sich die Fragebogen anschauen und
nach-vollziehen, wie die Gesamtpunktzahl erreicht wurde. Diese Transpa-renz
ist sehr wichtig“, erklärt Uhlig. Als noch die drei Pflegestufen galten,
wurden Erkrankungen oder kognitive Einschränkungen kaum und nur sehr
eingeschränkt berücksichtigt. Das fließte nun stärker in die
Pflegebegutachtung des MDK mit ein.
Betreuungs-Richterin Judith Lieb Neresheim
gab Tipps: "Wenn noch alle gesund sind..."
Mit Judith Lieb wurde auch die rechtliche Sicht eines Pflegefalles
be-leuchtet. Die Betreuungsrichterin aus
Neresheim empfahl, sich frühz-eitig mit dem Thema Betreuung in der
Familie auseinanderzusetzen. „Wenn noch alle gesund sind, kann über das
Thema viel leichter gesprochen werden und entsprechende notariell
beglaubigte Vollmachten aufgesetzt werden, die im Krankheits- oder
Pflegefall genutzt werden können“, betont Lieb. Wenn dies alle frühzeitig
tun würden, müssten die Betreuungsgerichte seltener eingreifen um einen
Betreuer von Amtswegen her zu bestimmen. „Lassen Sie sich beraten, wenn es
um eine Vollmacht geht“, betont Lieb. Eine notarielle Vollmacht koste zwar
etwas, aber am Ende wird im Streitfall von jedem Gericht auch anerkannt. Im
Anschluss dis-kutierten die Gäste und Referenten angeregt miteinander und
konnten eine kleinen Imbiss genießen, den Gastgeberin Tina Betz-old
herrichten ließ.
Im Unternehmensnetzwerk „Bündnis Gesundheit
Ellwangen“ kooperieren die Stadtverwaltung
Ellwangen, die Unternehmen Betz-old, EnBW ODR, Kicherer, Stengel und
Varta Microbattery, Varta Consumer Batteries, die VR-Bank
Ellwangen sowie die AOK Ostwürttemberg im Bereich der Betrieblichen
Gesundheitsförderung. |