NGG bezeichnet das Gesetz als fast wirkungslos:
Nur 52.800 können im Ostalbkreis
"auf Arbeitsplätze zurück kehren"
Eine soziale Katastrophe: An 36 % der Beschäftigten geht das neue Teilzeit-Gesetz in der Gastronomie u. Handwerk vorbei


Aalen. 36 Prozent profitieren nicht von neuem Teilzeit-Gesetz:   Mal etwas weniger arbeiten, um Zeit für Kinder, Angehörige oder auch sich selbst zu haben – danach aber wieder voll in den Beruf einsteigen: Für Tausende Beschäftigte im Ostalbkreis soll das ab 2019 per Gesetz möglich sein. Tatsächlich dürften jedoch 52.800 Arbeitnehmer im Landkreis nicht vom sogenannten Rückk-ehrrecht in Vollzeit profitieren – weil ihr Betrieb weniger als 45 Mitarbeiter hat.

„Das sind 36 Prozent aller Beschäftigten, an denen das Gesetz komplett vorbeigeht“, kritisiert die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten.   Die NGG Ulm-Aalen-Göppingen beruft sich dabei auf aktuelle Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Ein Großteil der Beschäftigten in Bäckereien und Metzgereien dürfte danach nichts von der geplanten Brückenteilzeit haben. Im Gastgewerbe wären laut Statistik im Ostalbkreis sogar 74 Prozent des Personals vom Gesetz ausgenommen.   Auf die Untergrenze von 45 Beschäftigten hatte sich die Große Koalition verständigt. Die Unionsparteien setzten sich in diesem Punkt gegen die SPD durch.

Das Gesetz soll noch im Oktober den Bundestag passieren. „In den vielen Kleinbetrieben im Handwerk und in der Gastronomie ist die Teilzeit-Novelle damit reine Makulatur“, sagt NGG-Geschäftsführerin Karin Brugger. Sie ruft die heimischen Bundestagsabgeordneten dazu auf, sich in Berlin für Änderungen am Gesetz stark zu machen. „Die Einschränkung für kleine Betriebe muss wegfallen“, so Brugger. Denn die Idee der Reform gehe in die richtige Richtung: „Tausende wünschen sich mehr Souveränität bei der Arbeitszeit.“   Hinzu kommt: Rund 50.100 Beschäftigte im Ostalbkreis arbeiten bereits jetzt in Teilzeit.

Die "Altersarmut" wird auch nicht durch das
Teilzeit-Gesetz im OAK pauschal aufgehoben

Nach Angaben der Arbeitsagentur ist ihre Zahl in den letzten zehn Jahren um 29 Prozent gestiegen. „Diesen Menschen bringt das Gesetz auch keine Verbesserungen“, bemängelt Brugger. Denn einen Anspruch auf eine Vollzeit-Stelle habe nach den Plänen der GroKo nur, wer vorher schon einmal in Vollzeit gearbeitet hat. Das sei aber in vielen Branchen die Ausnahme. So liegt die Teilzeitquote hier laut Statistik bei 34 Prozent. In Hotels, Pensionen und Restau-rants ist der Anteil mit 75 Prozent besonders hoch.   Nach Eins-chätzung der NGG hilft das Gesetz auch kaum gegen Altersarmut, von der Frauen besonders häufig betroffen sind. „Denn Frauen arbeiten überdurchschnittlich oft in Kleinbetrieben – oder haben seit vielen Jahren nur einen Halbtagsjob“, so Brugger.   Hinweis für die Redaktion: Das geplante Gesetz zur Einführung einer Brückenteil-zeit soll bis zum 19. Oktober im Bundestag beschlossen werden. Vier Wochen später könnte es den Bundesrat passieren.